Schiedsstellen beim Deutschen Patent- und Markenamt

Ein Streit lässt sich nicht klären? Dann sind unabhängige Schlichter oft hilfreich. Dem DPMA sind zwei Schiedsstellen zugeordnet: die Schiedsstelle für Arbeitnehmererfindungen und die Schiedsstelle nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz. Ihre Aufgabe ist es, eine außergerichtliche Einigung zu vermitteln. Die Streitthemen in der Praxis sind vielfältig.

Bereich DPMA

Schiedsstelle nach dem Gesetz über Arbeitnehmer­erfindungen

Regelungen nach dem ArbnErfG

1
Arbeitnehmer

Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin ist verpflichtet, eine während des Arbeitsverhältnisses gemachte Erfindung dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin zu melden.

2
Arbeitgeber

Arbeitgeber oder Arbeitgeberin ist verpflichtet, eine gemeldete Erfindung zum Patent anzumelden und berechtigt, das Recht auf das Patent auf sich überzuleiten.

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Dann erhält der Arbeitnehmer beziehungsweise die Arbeitnehmerin dafür einen Vergütungsanspruch.

Pfeil

Wo wurde es erfunden? Die Antwort fällt eindeutig aus! Nach Einschätzung der Schiedsstelle wurden mehr als 90 Prozent der beim DPMA im Jahr 2021 zur Erteilung eines Patents angemeldeten Erfindungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses gemacht.

Diese Konstellation stellt eine zunächst scheinbar unlösbare rechtliche Lage dar. Nach § 6 PatG haben die Erfinderin oder der Erfinder das Recht auf das Patent. Die Erfindung ist aber gleichzeitig ein Arbeitsergebnis, und Arbeitsergebnisse gehören nach § 611 a BGB dem Unternehmen. In der Person der Erfinderin oder des Erfinders schneiden sich so zwei entgegengesetzte Eigentumszuordnungen.

In Deutschland wird dieses Rechtsproblem im Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG) gelöst. Das Gesetz belastet das Recht auf das Patent von vornherein mit einem Recht des Arbeitgebers auf Inanspruchnahme, stellt die Erfinderin oder den Erfinder aber trotzdem nicht rechtlos. Denn wenn das Unternehmen von dem Recht auf Inanspruchnahme Gebraucht macht, bekommt es zwar die Patentrechte, das ursprüngliche Recht auf das Patent der Erfinderin oder des Erfinders geht jedoch nicht völlig verloren, sondern wandelt sich in ein Teilhaberecht der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers. Die Erfinderin oder der Erfinder hat Anspruch auf angemessene Vergütung aus den wirtschaftlichen Vorteilen, die das Unternehmen aus dem Recht auf das Patent realisiert. Diese seit Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland durchgängig praktizierte Philosophie des Arbeitnehmererfinderrechts setzt wirtschaftspolitisch somit seit fast 120 Jahren auf die Innovationsstärke der Arbeitnehmerschaft – ein deutsches Erfolgsmodell!

Wie hoch der Vergütungsanspruch genau ist, hängt von der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Erfindung, den Aufgaben und der Stellung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers im Betrieb sowie vom Anteil des Betriebs an dem Zustandekommen der Erfindung ab. Um den sich immer wieder verändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Geschäftsmodellen Rechnung tragen zu können, setzt das Gesetz bei der Höhe der Vergütung also auf unbestimmte Rechtsbegriffe. Der Vorteil ist eine zeitlose Regelungssystematik, der Nachteil sind mitunter unterschiedliche Auffassungen zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf der einen Seite und Unternehmen auf der anderen Seite, wie hoch die wirtschaftlichen Vorteile des Unternehmens im Einzelfall waren.

Da Streit um Innovationen in einem einträglichen und nutzbringenden Arbeitsverhältnis eher hinderlich ist, hat der Gesetzgeber die Schiedsstelle nach dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen als Streitschlichter eingesetzt und mit rechtlichem und technischem Sachverstand ausgestattet. Ihr Vorsitzender ist eine Juristin oder ein Jurist mit der Befähigung zum Richteramt, und die beiden Beisitzer oder Beisitzerinnen werden aus dem Kreis der Patentprüferinnen und Patentprüfer gezielt nach ihrer besonderen technischen Fachkunde für das jeweilige Schiedsstellenverfahren bestellt.

Den am Streit Beteiligten gibt die Schiedsstelle zunächst Gelegenheit, ihren Standpunkt darzulegen und unterbreitet ihnen sodann einen Vorschlag für eine gütliche Einigung. Nehmen die Beteiligten diesen Einigungsvorschlag an, schließen sie einen privatrechtlichen Vertrag, mit dem der Streit beendet wird. Im Jahr 2021 hat die Schiedsstelle 68 derartige Verfahren erledigt, wobei zwei Drittel ihrer Einigungsvorschläge akzeptiert wurden.

Ablauf Schiedsstellenverfahren

Arbeitgeber

Arbeitgeberseite und Arbeitnehmerseite
erhalten Gelegenheit, ihren jeweiligen Standpunkt darzulegen

Arbeitnehmer

Schiedsstelle
unterbreitet einen Einigungsvorschlag

Annahme des Vorschlags
Gütliche Einigung: Die Beteiligten schließen dadurch einen privatrechtlichen Vertrag, durch den der Streit beendet wird.

Widerspruch gegen den Vorschlag
Schiedsstellenverfahren gilt als gescheitert. Es bleibt den Beteiligten überlassen, ihren Konflikt anderweitig — gerichtlich oder außergerichtlich — zu lösen.

Die Schiedsstelle hat sich 2021 unter anderem mit folgenden Fragestellungen beschäftigt:

  • „Ideas Tracker“ und Erfindungsmeldungen – Arb.Erf. 03/20
  • typische Start-Up-Probleme – Arb.Erf. 13/19
  • Erfindungswerte bei Süßwaren – Arb.Erf. 54/16
  • nur ein Detail der Erfindung ist schutzfähig – Arb.Erf. 60/18
  • Erfindung schützt vor Mängelgewährleistung – Arb.Erf. 21/19
  • Wechsel zum Betriebsgeheimnis – Arb.Erf. 66/18
  • Betrieb industrieller Großanlagen – Arb.Erf. 67/18
  • Betriebliche Vergütungsregelungen – Arb.Erf. 70/18
  • Qualität eines Verbesserungsvorschlags und UWG – Arb.Erf. 56/18

Einzelheiten zu diesen und anderen ausgewählten Entscheidungen der Schiedsstelle und weitere Informationen zur Schiedsstelle und zum Arbeitnehmererfinderrecht finden Sie auf unseren Internetseiten.

Schiedsstelle nach dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen
Schiedsstellen­verfahren - Anträge und Erledigungen20172018201920202021
Eingang von Anträgen 54 71 61 66 53
Erledigungen von Schiedsstellenverfahren
Einigungsvorschläge und Vergleiche 55 47 43 44 44
Annahmequote in % 60,0 68,0 76,7 50,0 65,9
Nichteinlassung auf das Verfahren 16 15 9 19 16
Sonstige Erledigungen, insbesondere durch Antragrücknahme, Beschluss, infolge Zwischenbescheid etc. 8 5 6 9 8
Summe Erledigungen 79 67 58 72 68
Am Jahresende anhängige Schiedsstellenverfahren 87 91 94 88 73
Bereich DPMA

Schiedsstelle nach dem Verwertungs­gesellschaften­gesetz

Wer musikalische, literarische, künstlerische oder ähnliche Werke nutzen möchte, ist verpflichtet, den Schöpferinnen und Schöpfern eine Vergütung zu zahlen. Diesen ist es jedoch nicht immer möglich, alle Nutzungen ihrer Werke zu verfolgen. Daher lassen sich Urheberinnen und Urheber und Leistungsschutzberechtigte meist von Verwertungsgesellschaften vertreten, die diese Rechte für sie durchsetzen. Die Schiedsstelle nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) schlichtet vor allem in Fällen, in denen Verwertungsgesellschaften und Nutzerinnen beziehungsweise Nutzer über die Höhe der Vergütung streiten. Dazu gehören auch Streitigkeiten zu den so genannten Gesamtverträgen. Gesamtverträge gelten zwischen einer Verwertungsgesellschaft oder Inkassostelle und Nutzerinnen und Nutzern von Werken, die sich zu einer Vereinigung zusammengeschlossen haben.

Wie auch schon in den vorangegangenen Jahren hat die Schiedsstelle auch im zweiten Jahr der Pandemie die Zahl der anhängigen Verfahren kräftig verringert. 206 Erledigungen, darunter 13 (Gesamt-)Vertragsverfahren stehen 58 Eingängen gegenüber. Damit sind zum Stand 1. Januar 2022 nur noch 119 Verfahren älter als ein Jahr, gerechnet ab der Zustellung, und noch nicht entschieden.

Im Jahr 2021 lag ein Schwerpunkt bei den von der Schiedsstelle bearbeiteten Verfahren auf Gesamt- und Nutzungsverträgen im Bereich des Wiedergaberechts und der Kabelweitersendung. Sämtliche Entscheidungen sind im Internet anonymisiert einsehbar.

So hat die Schiedsstelle beispielweise den Beteiligten an Verfahren zu Musikwiedergaben in Varieté-Veranstaltungen (Sch-Urh 15/18) und in Zirkusveranstaltungen (Sch-Urh 94/20) einen sich am Umfang der jeweiligen Nutzung orientierenden Vergütungssatz von maximal 3,75 Prozent des Umsatzes vorgeschlagen, um diese Art der Musiknutzung hinreichend von einem Konzert abzugrenzen.

In einem anderen Verfahren (Sch-Urh 13/18) zur Wiedergabe von Fernsehsendungen zur Unterhaltung ohne Veranstaltungscharakter und ohne Tanz wurde vorgeschlagen, den Tarif FS in seiner Tarifhöhe zwar unverändert, aber nur noch dann zur Anwendung kommen zu lassen, wenn die betreffende Nutzerin oder der betreffende Nutzer nicht eine andere Hintergrundmusik bereits entgeltpflichtig bei der GEMA lizensiert hat. Damit trägt die Schiedsstelle dem Umstand Rechnung, dass jeweils nur eine einzige Art der Musiknutzung wahrnehmbar gemacht werden kann.

Das Verfahren Sch-Urh 08/18 betraf die Einräumung von Vervielfältigungsrechten durch die GVL zum Zwecke der öffentlichen Wiedergabe durch den Vervielfältigenden. Hier beließ es die Schiedsstelle bei dem Zuschlagstarif in Höhe von 20 Prozent auf den jeweils einschlägigen GEMA-Tarif VR-Ö mit der Maßgabe, dass das Tarifmerkmal „je Veranstaltung“ des Tarifs VR-Ö außer Betracht bleibt.

Im Berichtszeitraum hat die Schiedsstelle gleichfalls mehrere Verfahren zur Lizensierung von Online-Videorekordern entschieden. Das Oberlandesgericht München (29. Senat) hatte den Zwangslizenzeinwand ausdrücklich für begründet erachtet und damit die Spruchpraxis der Schiedsstelle bestätigt, wonach Online-Videorekorder eine Fallgruppe der (Kabel)-Weitersendung im Sinne von § 20b UrhG darstellen. Das Oberlandesgericht München (6. Senat) hatte dies zuvor stets verneint. Bei der Bewertung der angemessenen Vergütung berücksichtigte die Schiedsstelle den Umstand, dass mit der Kabelweitersendung eine Datenerhebung durch den Betreiber stattfindet und diese Daten einen ökonomischen Wert besitzen.

Schiedsstelle nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz
1 Erstmals im Jahr 2018 erfasst.
Schiedsstellen­verfahren - Anträge und Erledigungen20172018201920202021
Anträge
Eingänge gesamt1641591439658
darunter Gesamtverträge nach § 92 Abs. 1 Nr. 3 VGG 5 5 2 5 1
Erledigungen
Durch Einigungsvorschlag der Schiedsstelle 15 69 67 81 95
Teileinigungsvorschlag der Schiedsstelle1  2 0 20 13
Beschluss 21 107 135 126 111
Insgesamt (ohne Teileinigungsvorschläge) 36 176 202 207 206
Am Jahresende anhängige Anträge 583 566 507 396 248
Sicherheitsleistung / einstweilige Regelung
Anträge 16 19 25 3 4
Beschlüsse 3 7 5 32 37