„Oktoberfestbier“ schmeckt auch außerhalb des Oktoberfestes gut! Aber nicht jedes Bier darf sich „Oktoberfestbier“ nennen. Bei dieser Bezeichnung handelt es sich nämlich um eine geschützte geografische Herkunftsangabe, die die Europäische Kommission am 28. Oktober 2022 in das Register für geschützte geografische Herkunftsangaben aufgenommen hat.
In den Medien wurde ausführlich über dieses Ereignis berichtet. Das große Interesse mag auch damit zusammenhängen, dass das Oktoberfest nach zwei Jahren Coronapause 2022 erstmals wieder stattfinden konnte.
In jedem Fall rückte damit ein Schutzrecht ins allgemeine Bewusstsein, das es schon seit dem 14. Juli 1992, also seit nunmehr 30 Jahren, gibt und das bestimmte Agrarprodukte und Lebensmittel europaweit gegen Missbrauch und Nachahmung schützt.
Für Deutschland sind inzwischen 95 solcher Bezeichnungen registriert, etwa „Bayerische Breze“, „Beelitzer Spargel“ oder „Westfälischer Pumpernickel“.
Wesentliche Schutzvoraussetzung für eine geografische Herkunftsangabe ist, dass ein Zusammenhang zwischen den Eigenschaften des fraglichen Produktes und seiner Herstellung in dem jeweiligen Herkunftsgebiet besteht.
Es gibt zwei Schutzkategorien, den Schutz als Ursprungsbezeichnung (g.U.) und als geografische Angabe (g.g.A.). Bei einer g.U. muss der Zusammenhang zum Herkunftsgebiet besonders eng sein, alle Produktionsschritte müssen in dem fraglichen Gebiet stattfinden. Bei einer g.g.A. reicht es hingegen aus, wenn einer der Produktionsschritte, etwa die Verarbeitung, in dem Herkunftsgebiet ausgeführt wird.
Aktuelle Rechtsgrundlage ist die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 vom 21. November 2012.
Es handelt sich um ein europäisches Schutzrecht, das von der Europäischen Kommission verliehen wird. Die EU-Behörde führt die Schutzrechte im Register eAmbrosia.
Im Unterschied zu einer Marke kann eine geografische Herkunftsangabe nicht nur von einem Inhaber oder einer Inhaberin benutzt werden, sondern von allen in dem Gebiet ansässigen Erzeugern und Erzeugerinnen, sofern das Produkt so hergestellt wird, wie es in der Produktspezifikation festgelegt ist.
Voraussetzung für eine Registrierung als „geschützte Ursprungsbezeichnung“ oder „geschützte geografische Angabe“ ist, dass sowohl die zuständige nationale Behörde als auch die EU-Kommission den Schutzantrag positiv beurteilt haben. In Deutschland ist die zuständige nationale Behörde das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA). Der Antrag wird sowohl im nationalen als auch im europäischen Prüfungsverfahren veröffentlicht. Personen, die in ihrem berechtigten Interesse betroffen sind — vor allem Hersteller und Herstellerinnen des betreffenden Erzeugnisses —, haben dadurch die Möglichkeit, Einspruch zu erheben.
Im Jahr 2022 hat die Europäische Kommission drei Bezeichnungen für Deutschland geschützt: „Spreewälder Gurkensülze“ (g.g.A.), „Peitzer Karpfen“ (g.g.A.) und eben das eingangs erwähnte „Oktoberfestbier“ (g.g.A.).
Die Eintragung „Holsteiner Karpfen“ (g.g.A.) wurde auf Antrag der Schutzgemeinschaft aus dem Register gelöscht.
Die Änderungsanträge für „Meißner Fummel“ (g.g.A.), „Glückstädter Matjes“ (g.g.A.) und „Fränkischer Karpfen“ (g.g.A.), in denen die Änderung der bisherigen Spezifikation beantragt wurde, hat das DPMA nach positivem Abschluss der Prüfung an die Europäische Kommission weitergeleitet.
Das Verfahren „Spreewälder Gurke“, das die Änderung der bisherigen Spezifikation betrifft, wurde nach Zurückverweisung durch den Bundesgerichtshof (BGH I ZB 78/18) erneut vor dem Bundespatentgericht verhandelt. In der mündlichen Verhandlung am 21. April 2022 hat die einsprechende Partei ihre Beschwerde zurückgenommen, so dass der Änderungsantrag nun an die Europäische Kommission weitergeleitet werden kann.
Zukünftig wird es möglich sein, auch handwerkliche und industrielle Erzeugnisse als geografische Herkunftsangabe schützen zu lassen. Damit wird der Schutzbereich, der sich in Europa bisher auf Agrarprodukte und Lebensmittel beschränkt, deutlich ausgeweitet und umfasst dann auch Produkte wie Uhren, Schneidwaren, Stoffe oder Porzellan aus einer bestimmten Region.
Ein entsprechender Verordnungsentwurf des geplanten EU-Schutzsystems liegt bereits vor. Diese Produkte sollen dann ebenfalls in zwei Phasen registriert werden: In der ersten Phase prüft das jeweils nationale Amt, in der zweiten Phase folgt die Prüfung auf Unionsebene mit dem EUIPO als zuständiger Behörde.