Überblick Entwicklung und Herkunft der Patentanmeldungen
Mit einem Zuwachs von 2,5 % gingen 2023 wieder deutlich mehr Patentanmeldungen beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) ein. Damit scheint der rückläufige Trend der Jahre nach Einsetzen der Corona-Pandemie gebrochen. Vor allem die Innovationstätigkeit der deutschen Unternehmen nimmt wieder zu (+3,4 %). Insgesamt gingen 58.656 Patentanmeldungen (Anmeldungen beim DPMA und PCT-Anmeldungen in nationaler Phase) ein (2022: 57.212). Der Zuwachs zeigt, wie wichtig geschützte Innovationen in Zeiten des schnellen technologischen Wandels für Industrie und Wirtschaft sind.
Neben den Patentanmeldungen stieg auch die Zahl der Prüfungsanträge, die ebenso ein wichtiger Indikator für die Innovationskraft sind. Anmelderinnen und Anmelder haben beim DPMA sieben Jahre lang Zeit, für ihre Patentanmeldung einen Prüfungsantrag zu stellen und damit das Prüfungsverfahren in Gang zu setzen. Im vergangenen Jahr gingen beim DPMA 44.489 Prüfungsanträge ein (+2,4 %).
Den erfreulich hohen Zahlen bei Patentanmeldungen und Prüfungsanträgen steht jedoch ein Rückgang (-6,3 %) an abgeschlossenen Patentverfahren (42.634) gegenüber. Ein Grund dafür ist, dass die Zahl der Zurücknahmen durch Erklärung oder durch Nichtzahlung von Jahresgebühren gegenüber dem Vorjahr um 9,7 % auf 11.393 zurückgegangen ist; dies entspricht einem Anteil an den abgeschlossenen Verfahren von 26,7 % (Vorjahr: 27,7 %). In den zurückliegenden Pandemiejahren hatten viele Anmelder auf diese Weise für sie verzichtbare Anmeldungen fallengelassen und so ihr Portfolio bereinigt.
Von den abgeschlossen Patentverfahren waren insgesamt 22.363 veröffentlichte Erteilungen, was einem Rückgang von -5,2 % im Vergleich zum Vorjahreswert entspricht. Nach wie vor ist die Zahl der Patenterteilungen mit einer Erteilungsquote von 52,5 % (2022: 51,8 %) aber auf einem hohen Niveau. Unternehmen werden dadurch attraktiver für Investoren, und ihre Wettbewerbsfähigkeit wird gestärkt.
Zu einer Zurückweisung kam es in 8.878 Fällen (Vorjahr: 9.301) — dies entspricht einem Anteil von 20,8 % der abgeschlossenen Verfahren (2022: 20,4 %).
Der weitaus überwiegende Anteil der eingegangenen Patentanmeldungen, nämlich 51.213, wurde direkt bei uns eingereicht. 7.443 Anmeldungen traten gemäß dem Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (Patent Cooperation Treaty — PCT), die uns über die Weltorganisation für geistiges Eigentum in Genf (World Intellectual Property Organization — WIPO) als PCT-Anmeldungen erreichten, in die nationale Phase ein.
Um im Ausland ein Patent zu erhalten, muss der Anmelder oder die Anmelderin grundsätzlich beim jeweiligen nationalen Patentamt eine gesonderte Anmeldung einreichen. Da dieses Verfahren umständlich und teuer ist, wurde mit diesem Vertrag die Möglichkeit geschaffen, mit einer einzigen Anmeldung die Wirkung einer nationalen Anmeldung in allen PCT-Vertragsstaaten zu erreichen. Das PCT-Verfahren beginnt mit einer sogenannten internationalen Phase und geht anschließend in die sogenannte nationale Phase über.
Der weit überwiegende Teil unserer Anmeldungen wird elektronisch eingereicht: Der Anteil, der online bei uns einging, liegt bei 90,4 % aller eingereichten nationalen Patentanmeldungen.
Zum Jahresende 2023 waren 148.359 nationale Patente in Kraft und damit 4,0 % mehr als im Vorjahr.
Erfreulicherweise konnten wir im Jahr 2023 einen deutlichen Anstieg bei den Eingängen von Anmelderinnen und Anmeldern mit inländischem Wohn- oder Firmensitz feststellen. Diese meldeten insgesamt 38.469 Erfindungen zum Patent an (+3,4 %). Der Anteil der Anmeldungen aus Deutschland stieg damit leicht auf 65,6 %. Mit 20.187 lag die Zahl der Anmeldungen aus dem Ausland erneut knapp über der des Vorjahres (2022: 20.008).
Aus dem außereuropäischen Ausland erreichten uns im Berichtsjahr 16.595 Anmeldungen (2022: 16.506) und aus dem europäischen Ausland 3.592 Anmeldungen (2022: 3.502).
Die Schweiz hat ihre Anmeldezahlen um 15,5 % im Vergleich zum Vorjahr gesteigert. Ebenso stieg die Zahl der Anmeldungen aus dem Vereinigten Königreich (+30,9 %), aus Belgien (+39,6 %) und Irland (+39,2 %).
Die Zahl der Anmeldungen aus China nahm erneut um 32,2 % zu. Schon seit mehreren Jahren erreichen uns von dort sehr viele Anmeldungen: Die Innovationsdynamik ist enorm und nimmt offenbar gerade im Bereich der Digitaltechnik weiter an Fahrt auf. Aus Singapur erreichten uns 88,3 % mehr Anmeldungen als im Vorjahr. Ebenso stiegen auch wieder die Anmeldezahlen aus Taiwan um 12,3 %.
Herkunftsländer | Anmeldungen | Anteil in % |
---|---|---|
Deutschland | 38.469 | 65,6 |
Vereinigte Staaten | 6.694 | 11,4 |
Japan | 6.402 | 10,9 |
Republik Korea | 1.421 | 2,4 |
Schweiz | 997 | 1,7 |
China | 928 | 1,6 |
Österreich | 878 | 1,5 |
Taiwan | 558 | 1,0 |
Schweden | 319 | 0,5 |
Frankreich | 315 | 0,5 |
Sonstige | 1.675 | 2,9 |
Insgesamt | 58.656 | 100 |
Für die Innovationskraft Deutschlands hat die Automobilindustrie nach wie vor eine zentrale Bedeutung: Die zehn anmeldestärksten Unternehmen beim DPMA sind Automobilhersteller oder Zulieferer. Auf Platz 1 stand 2023 — wie bereits die letzten 16 Jahre — die Robert Bosch GmbH mit nun 4.160 Patentanmeldungen. Dahinter reihen sich die Mercedes-Benz Group AG (2.046 Anmeldungen) und die Bayerische Motoren Werke AG (1.963 Anmeldungen) ein. Auf Platz 4 und 6 sind mit GM Global Technology Operations LLC (1.640 Anmeldungen) und Ford Global Technologies LLC (1.175) auch zwei amerikanische Unternehmen unter den anmeldestärksten beim DPMA.
Die einzelnen Unternehmen und Institutionen werden hier so erfasst, wie sie als Patentanmelder auftreten — ohne Berücksichtigung eventueller Konzernverbundenheiten.
Je nach Wohnort oder Unternehmenssitz können die Patentanmeldungen aus Deutschland den einzelnen Bundesländern zugeordnet werden. Im Ranking für die deutschen Bundesländer führt inzwischen mit großem Abstand Baden-Württemberg mit 14.648 Patentanmeldungen (9,0 % mehr als im Vorjahr). Auf Rang 2 liegt wieder Bayern mit 10.805 Anmeldungen (+2,4 %) vor Nordrhein-Westfalen mit 5.527 Anmeldungen (+4,4 %). In diesen drei Bundesländern sind auch die meisten Automobilhersteller angesiedelt. Bezieht man die Anmeldungen auf die jeweilige Bevölkerungszahl, so ergibt sich ein leicht verändertes Ranking: Baden-Württemberg liegt mit 130 Patentanmeldungen pro 100.000 Einwohner weiter vor Bayern (81). Auf Platz 3 folgt dann aber Niedersachsen (35).
Bei Anmeldungen von Unternehmen und Forschungseinrichtungen wird grundsätzlich zwischen der anmeldenden Organisation und dem Erfinder oder der Erfinderin als natürlicher Person unterschieden. Bei selbstständigen Erfinderinnen und Erfindern oder bei Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen mit freigegebenen Erfindungen sind Anmelder und Erfinder in der Regel personenidentisch. Dies war 2023 bei 4,1 % der Anmeldungen der Fall (2022: 4,7 %).
Das DPMA erfasst auch, wie viele Patentanmeldungen einzelnen Anmeldenden zugeordnet werden können. 5,1 % unserer Anmelderinnen und Anmelder reichten jeweils mehr als zehn Anmeldungen ein (2022: 5,2 %). Damit stammten 73,0 % aller Anmeldungen von diesen sogenannten großen Patentanmeldern.
Dieser Trend lässt sich vielleicht unter anderem dadurch erklären, dass mit zunehmender Digitalisierung und dem immer schneller fortschreitendem technologischen Wandel die Innovationszyklen zunehmend kürzer werden. Um eine Neuerung zu entwickeln und am Markt zu etablieren, muss immer mehr Kapital aufgewendet werden. Gerade für viele kleine und mittlere Unternehmen, sowie selbstständige Erfinderinnen und Erfinder mag das ein Grund sein, sich zunehmend aus der Innovationstätigkeit zurückzuziehen.
Weltweit wird für die Klassifikation technischer Sachverhalte als Standard die Internationale Patentklassifikation (International Patent Classification — IPC) verwendet. Mit Hilfe eines Codes aus Buchstaben und Zahlen wird das gesamte Gebiet der Technik in mehr als 70.000 Unterteilungen gegliedert. Beim DPMA wird jede eingehende Patentanmeldung entsprechend ihrem technischen Inhalt einer oder mehreren IPC-Klassen zugeordnet und der jeweils zuständigen Prüfungsstelle im Haus zugeleitet.
Mit 17.659 Patentanmeldungen konnten wir im Sektor „Elektrotechnik“ dieses Jahr einen besonders starken Anstieg beobachten (+6,1 %). Insgesamt ist der Maschinenbau aber immer noch der anmeldestärkste Sektor mit 40,0 % aller beim DPMA 2023 eingereichten Anmeldungen. Die Elektrotechnik hat allerdings stark aufgeholt und liegt nun bei 30,1 % aller Patentanmeldungen auf Rang zwei. 2018 betrug der Maschinenbau-Anteil noch 46,1 %, dem Sektor Elektrotechnik waren lediglich 23,6 % aller Anmeldungen zuzuordnen. Eine Ursache dieser Entwicklung dürften die schnell fortschreitende Digitalisierung und die damit verbundenen Technologien sein — etwa Künstliche Intelligenz. Ein wichtiges Technologiefeld als Grundlage der Digitalisierung ist hier das Technologiefeld „Halbleiter“, das im vergangenen Jahr mit 2.179 Anmeldungen besonders deutlich wuchs (+16,6 %). Ein weiterer maßgeblicher Treiber für die Entwicklung im Sektor „Elektrotechnik“ ist zudem das Technologiefeld „Elektrische Maschinen und Geräte, elektrische Energie“, in dem die Anmeldezahlen 2023 um 9,9 % zunahmen. Allein in der hier zugehörigen Batterietechnik mit der relevanten Unterklasse H01M der Internationalen Patentklassifikation (IPC) betrug der Zuwachs in 2023 fast 20 %.
Betrachtet man die Anmelderschaft in diesem Bereich, so wird deutlich, dass die immense Innovationstätigkeit vor allem durch das hohe Tempo beim Ausbau der Elektromobilität begründet ist. Die anmeldestärksten Unternehmen sind hier Automobilbauer und Zulieferer. Neben den herkömmlichen IPC-Klassen für Fahrzeugbau gehört besagte Unterklasse H01M für die Batterietechnik bei allen großen deutschen Automobilherstellern zu den Top-3-Anmeldegebieten. Hauptaugenmerk in der Forschung liegt hier darauf nachhaltiger zu werden, also die Nutzung seltener Rohstoffe zu verringern und die Produktionskosten zu senken, aber dennoch eine hohe Energiedichte zu erreichen, um eine möglichst hohe Reichweite für Elektroautos zu gewährleisten.
Dem Innovationstrend Elektromobilität steht auf der anderen Seite ein weiterer deutlicher Rückgang im Bereich der Verbrennungsmotoren entgegen: Im Technologiefeld „Motoren, Pumpen, Turbinen“ gingen 2023 dabei 4,6 % weniger Erfindungen ein als im Vorjahr.
Der absehbare Bedeutungsverlust für den Verbrennungsmotor spielt hierbei sicher eine große Rolle.
In anderen Technologiefeldern des Maschinenbaus verzeichnete das DPMA ebenfalls deutliche Rückgänge, etwa im traditionell starken Bereich „Maschinenelemente“ (-6,8 %). Dazu gehören beispielsweise hydraulische oder pneumatische Stellorgane, Wellen, Gelenke und Lager sowie Rohre und Speicher für Gase oder Flüssigkeiten. Im anmeldestärksten Technologiefeld „Transport“ legte die Anmeldezahl dagegen erneut leicht zu (+2,5 %). Insgesamt gingen hier 10.618 Patentanmeldungen ein.
Im Sektor „Instrumente“ konnten wir vor allem in den Gebieten „Analyse biologischer Stoffe“ (+15,6 %), sowie „Optik“ (+8,3 %) und „Steuerungs- und Regelungstechnik“ (+15,1 %) einen deutlichen Anstieg feststellen. Leicht rückläufig waren dagegen abermals der Sektor „Chemie“ (-1,8 %) und die Anmeldungen im Gebiet „Bauwesen“ (-5,7 %).
(Gemäß WIPO IPC-Technologie Konkordanztabelle, verfügbar hier)
Mit einem Plus von 2,4 % wurden 2023 insgesamt 44.489 Anträge zur Prüfung auf Patentfähigkeit nach § 44 Patentgesetz (PatG) beim DPMA eingereicht. Im Rahmen eines solchen Antrags ermitteln die Prüfungsstellen in einer gründlichen und umfassenden Recherche den maßgeblichen Stand der Technik. Basierend darauf wird der dann des Anmeldungsgegenstands auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit, seine gewerbliche Anwendbarkeit und auf das Vorliegen möglicher Patentierungsausschlüsse geprüft. Zudem muss es sich um eine technische Erfindung handeln, die ausführbar offenbart wird.
Dann können die Prüferinnen und Prüfer entscheiden, ob und in welchem Umfang ein Patent erteilt werden kann oder ob die Anmeldung zurückgewiesen werden muss.
Anmelder und Anmelderin können die Patentfähigkeit ihrer Anmeldung aber auch ohne ein Prüfungsverfahren einschätzen lassen, indem sie einen Rechercheantrag nach § 43 PatG stellen. Das Ergebnis der Recherche ist häufig Grundlage der Entscheidung über weitere Anmeldungen bei anderen Ämtern. Im Jahr 2023 stieg die Zahl der Rechercheanträge um 6,0 % auf 15.548. Im Vergleich zum Vorjahr wurden in 2023 geringfügig weniger Recherchen nach § 43 PatG abgeschlossen und 14.798 Rechercheberichte versandt (2022: 14.818).
Patentverfahren | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 |
---|---|---|---|---|---|
Eingegangene Prüfungsanträge | 47.347 | 43.352 | 43.351 | 43.466 | 44.489 |
- darunter zusammen mit der Anmeldung | 26.003 | 23.392 | 22.693 | 22.681 | 23.977 |
Anträge auf Recherchen nach § 43 PatG | 15.843 | 14.244 | 14.970 | 14.671 | 15.548 |
Erledigungen von Recherchen nach § 43 PatG | 14.941 | 16.451 | 15.171 | 14.818 | 14.798 |
Abgeschlossene Prüfungsverfahren | 40.188 | 41.766 | 48.508 | 45.513 | 42.634 |
Am Jahresende anhängige Prüfungsverfahren | 227.263 | 228.441 | 222.964 | 220.584 | 222.071 |
Beteiligte haben die Möglichkeit, Beschwerde gegen einen Beschluss — eine nicht antragsgemäße Patenterteilung, eine Zurückweisung der Patentanmeldung oder eine Entscheidung im Einspruchsverfahren — einzulegen. Eine Entscheidung treffen anschließend die Beschwerdesenate am Bundespatentgericht. Insgesamt gibt es 23 Senate, die mit juristischen und technischen Richtern und Richterinnen besetzt sind. Die Besonderheit des Bundespatentgerichts ist hierbei, dass die Richterschaft eben nicht nur aus Juristinnen und Juristen besteht, sondern auch mit Fachleuten aus Natur- und Ingenieurswissenschaften — den sogenannten technischen Richterinnen und Richtern — besetzt ist. Diese wirken in allen Verfahren mit, in denen es unter anderem um die Eigenschaften einer technischen Erfindung geht, zum Beispiel in den Verfahren über die Erteilung eines Patents oder über eine Nichtigkeitsklage in Patentsachen.
Im Jahr 2023 konnten wir wieder einen leichten Rückgang der eingegangenen Beschwerdeverfahren bei den technischen Beschwerdesenaten beobachten: Insgesamt gingen 245 Beschwerdeverfahren ein, was einem Minus von 12,5 % entspricht. Die Zahl der zum Abschluss gebrachten Beschwerdeverfahren blieb hingegen mit 233 fast gleich (2022: 235). Zum Jahresende 2023 waren noch 424 Beschwerdeverfahren beim Bundespatentgericht anhängig.
Im Fokus Digitalisierung und erneuerbare Energien
Digitalisierung
Der Trend der vergangenen Jahre setzt sich fort, und die Zahl der Patentanmeldungen aus dem Technikfeld Digitalisierung ist auch im Jahr 2023 in fast allen Teilgebieten deutlich gestiegen. Eine Ursache für diese Entwicklung ist sicherlich der rasante Fortschritt auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz, welche mittlerweile in allen Teilbereichen der digitalen Technologien zum Einsatz kommt. Für die vorliegende Auswertung haben wir veröffentlichte Anmeldungen mit Wirkung für Deutschland beim DPMA und beim Europäischen Patentamt (EPA) untersucht. Patentanmeldungen werden in der Regel nach 18 Monaten veröffentlicht.
Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die veröffentlichten Anmeldungen in den fünf ausgewählten Teilbereichen digitaler Technologien — Digitale Kommunikationstechnik, Computertechnik, Halbleiter, Audiovisuelle Technik und Datenverarbeitungsverfahren für betriebswirtschaftliche Zwecke — insgesamt erneut deutlich um 6,2 %. Besonders viele Anmeldungen erreichten uns aus den Vereinigten Staaten (+3,5 %). Neben kleinen und mittelständischen Unternehmen gehören auch große, international agierende Firmen zur Anmelderschaft.
Mit einem starken Anstieg von 12,2 % lag die Digitale Kommunikationstechnik im Jahr 2023 mit insgesamt 18.364 nationalen und internationalen Patentanmeldungen auf dem ersten Platz. Viele der Anmeldungen beschäftigen sich mit drahtlosen Kommunikationsnetzen, der Übertragung digitaler Information oder dem sogenannten Internet der Dinge (englisch: „Internet of Things — IoT“). In diesen Bereich fallen unter anderem auch die Anmeldungen, die sich auf den aktuellen Mobilfunkstandard 5G beziehen. Auch die virtuelle Kommunikation spielt nach wie vor eine große Rolle. So können beispielsweise auch Prozesse bequem von zu Hause gesteuert werden. Vernetzte Systeme zur intelligenten Prozess- und Fertigungssteuerung („Smart Factory“) sind in vielen Unternehmen mittlerweile Standard geworden. Und sie haben auch in den privaten Bereich Einzug gefunden: Um den Wohnkomfort zu erhöhen, existieren vielerorts schon technische Systeme, die ferngesteuert Geräte — wie zum Beispiel das Licht oder die Heizung — in den einzelnen Wohnräumen bedienen („Smart Home“).
Land | 2022 | 2023 | Veränderung |
---|---|---|---|
Vereinigte Staaten | 4.948 | 5.822 | +17,7 % |
China | 4.580 | 5.231 | +14,2 % |
Republik Korea | 1.286 | 1.671 | +29,9 % |
Schweden | 1.261 | 1.310 | +3,9 % |
Japan | 1.269 | 1.167 | -8,0 % |
Andere | 3.024 | 3.164 | +4,6 % |
Gesamt4 | 16.367 | 18.364 | +12,2 % |
1 Von DPMA und EPA veröffentlichte Anmeldungen unter Vermeidung von Doppelzählungen.
2 Gemäß WIPO IPC-Technologie Konkordanztabelle, verfügbar hier. Zum Abfragezeitpunkt gültige IPC-Klassen anteilig gezählt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit. Ergebnisse ohne Bezug zu Digitalisierung können enthalten sein.
3 H04L, H04N 21, H04W.
4 Wegen Rundungsdifferenzen können summierte Werte von der Gesamtzahl abweichen.
Das Technologiefeld Computertechnik wurde 2023 vom Gebiet der Digitalen Kommunikationstechnik an der Spitze abgelöst. Trotzdem hatte dieser Teilbereich wieder einen deutlichen Zuwachs (+ 4,9 %). Eine große Rolle spielen auf diesem Gebiet vor allem Systeme zur Bilddatenverarbeitung und -erzeugung, Spracherkennung oder Informations- und Kommunikationstechnik. In diesen Bereichen werden auch vermehrt Anmeldungen getätigt, die Künstliche Intelligenz oder maschinelles Lernen einsetzen.
Land | 2022 | 2023 | Veränderung |
---|---|---|---|
Vereinigte Staaten | 6.740 | 6.421 | -4,7 % |
China | 2.290 | 2.645 | +15,5 % |
Deutschland | 1.795 | 1.943 | +8,2 % |
Japan | 1.637 | 1.699 | +3,8 % |
Republik Korea | 1.029 | 1.263 | +22,7 % |
Andere | 3.339 | 3.677 | +10,1 % |
Gesamt4 | 16.830 | 17.648 | +4,9 % |
1 Von DPMA und EPA veröffentlichte Anmeldungen unter Vermeidung von Doppelzählungen.
2 Gemäß WIPO IPC-Technologie Konkordanztabelle, verfügbar hier. Zum Abfragezeitpunkt gültige IPC-Klassen anteilig gezählt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit. Ergebnisse ohne Bezug zu Digitalisierung können enthalten sein.
3 G06C, G06D, G06E, G06F, G06G, G06J, G06K, G06M, G06N, G06T, G06V, G10L, G11C, G16B, G16C, G16Y, G16Z.
4 Wegen Rundungsdifferenzen können summierte Werte von der Gesamtzahl abweichen.
Mit einem Anstieg von 8,6 % im Vergleich zum Vorjahr lag das Technologiefeld Halbleiter auf Platz 3. Der Anmeldeschwerpunkt liegt hier auf elektrischen Festkörperbauelementen oder Baugruppen sowie Halbleiterbauelementen. Durch den Einsatz von Halbleitern wird die starke und breite Innovationsdynamik der Digitalisierung aller Anwendungsbereiche überhaupt erst möglich. Besonders auffallend ist der enorme Anstieg (+47,2 %) an Halbleiter-Anmeldungen aus China. Dies könnte auf eine Förderung der Halbleiterforschung und -entwicklung durch den chinesischen Staat zurückzuführen sein.
Land | 2022 | 2023 | Veränderung |
---|---|---|---|
Vereinigte Staaten | 1.078 | 1.272 | +18,0 % |
Japan | 1.078 | 1.177 | +9,2 % |
Republik Korea | 773 | 889 | +15,0 % |
China | 572 | 842 | +47,2 % |
Deutschland | 586 | 587 | +0,2 % |
Andere | 1.388 | 1.180 | -15,0 % |
Gesamt4 | 5.474 | 5.946 | +8,6 % |
1 Von DPMA und EPA veröffentlichte Anmeldungen unter Vermeidung von Doppelzählungen.
2 Gemäß WIPO IPC-Technologie Konkordanztabelle, verfügbar hier. Zum Abfragezeitpunkt gültige IPC-Klassen anteilig gezählt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit. Ergebnisse ohne Bezug zu Digitalisierung können enthalten sein.
3 H01L, H10B, H10K, H10N.
4 Wegen Rundungsdifferenzen können summierte Werte von der Gesamtzahl abweichen.
Dieser Teilbereich erfuhr mit 5.744 Anmeldungen einen leichten Rückgang (-3, 8 %). Möglicherweise hängt dies unter anderem mit dem Ende der Pandemie und der vermehrten Aufhebung ortsflexibler Arbeitsmodelle zusammen. Die Menschen setzen — beruflich wie auch privat — wieder vermehrt auf direkte und persönliche Kommunikation. Somit geht der Einsatz von Audio- und Videosystemen stark zurück und die Nachfrage nach Neuerungen in diesem Bereich stagniert.
Zum Technologiefeld Audiovisuelle Technik zählen Anmeldungen aus dem Bereich der virtuellen Realität (englisch: „Virtual Reality — VR“) und der sogenannten erweiterten Realität (englisch: „Augmented Reality — AR“). Mittels virtueller Realität können beispielsweise Mediziner und Medizinerinnen verschiedene Operationstechniken erlernen oder Fahrtrainings erfolgen. Nutzende können mittels einer sogenannten Virtual-Reality-Brille in eine komplett computergenerierte Welt eintauchen. Dadurch werden neue Lernerlebnisse möglich und die Qualität von Aus- und Weiterbildung wird verbessert.
Die erweiterte Realität nennt man hingegen das Zusammenspiel von digitalem und analogem Leben. Hier werden den Nutzenden entweder auch mittels einer Brille oder einfach auf einem Smartphone zusätzliche virtuelle Informationen über das reale Umfeld eingeblendet. Die erweiterte Realität beschränkt sich hierbei nicht nur auf visuelle Elemente, sondern es können auch andere Sinne angesprochen werden. Beispielsweise können mittels einer intelligenten Audiobrille in Museen dem Träger oder der Trägerin passende Inhalte abgespielt werden. Die Audiobrille erkennt mittels Sensoren, an welcher Stelle im Museum sich der Nutzende befindet und kann so auf die passende Information zurückgreifen.
Land | 2022 | 2023 | Veränderung |
---|---|---|---|
Vereinigte Staaten | 1.489 | 1.329 | -10,7 % |
China | 1.163 | 1.203 | +3,4 % |
Japan | 964 | 852 | -11,6 % |
Republik Korea | 668 | 706 | +5,7 % |
Deutschland | 579 | 644 | +11,2 % |
Andere | 1.108 | 1.009 | -8,9 % |
Gesamt4 | 5.971 | 5.744 | -3,8 % |
1 Von DPMA und EPA veröffentlichte Anmeldungen unter Vermeidung von Doppelzählungen.
2 Gemäß WIPO IPC-Technologie Konkordanztabelle, verfügbar hier. Zum Abfragezeitpunkt gültige IPC-Klassen anteilig gezählt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit. Ergebnisse ohne Bezug zu Digitalisierung können enthalten sein.
3 G09F, G09G, G11B, H04N 3, H04N 5, H04N 7, H04N 9, H04N 11, H04N 13, H04N 15, H04N 17, H04N 19, H04N 23; H04N 25, H04N 101, H04R, H04S, H05K.
4 Wegen Rundungsdifferenzen können summierte Werte von der Gesamtzahl abweichen.
In diesem Teilbereich sind die Anmeldezahlen auf 2.497 abermals gesunken (-4,1 %). Patenanmeldungen in diesem Bereich betreffen vor allem Anmeldungen für Datenverarbeitungsverfahren, beispielsweise für betriebswirtschaftliche Zwecke, für die industrielle Fertigung („Industrie 4.0“) oder autonome Liefersysteme (Roboter oder Drohnen). In diesem Teilbereich finden sich auch die Anmeldungen wieder, die sich mit vernetzter Mobilität wie beispielsweise dem autonomen Fahren beschäftigen. Es werden immer größere Netze von Endgeräten, Steuerungsanlagen und Maschinen gebaut und dadurch werden sehr große Datenmengen (Big Data) generiert. Diese werden dezentral verarbeitet und gespeichert. Hierzu wird das sogenannte Cloudcomputing genutzt und Server, Speicher, Datenbanken oder Analyseoptionen werden im Internet bereitgestellt.
Land | 2022 | 2023 | Veränderung |
---|---|---|---|
Vereinigte Staaten | 976 | 920 | -5,7 % |
Japan | 401 | 438 | +9,2 % |
Deutschland | 332 | 324 | -2,4 % |
China | 147 | 154 | +4,8 % |
Republik Korea | 119 | 99 | -16,8 % |
Andere | 630 | 562 | -10,8 % |
Gesamt4 | 2.605 | 2.497 | -4,1 % |
1 Von DPMA und EPA veröffentlichte Anmeldungen unter Vermeidung von Doppelzählungen.
2 Gemäß WIPO IPC-Technologie Konkordanztabelle, verfügbar hier. Zum Abfragezeitpunkt gültige IPC-Klassen anteilig gezählt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit. Ergebnisse ohne Bezug zu Digitalisierung können enthalten sein.
3 G06Q.
4 Wegen Rundungsdifferenzen können summierte Werte von der Gesamtzahl abweichen.
Erneuerbare Energien und Batterien
Deutsche Unternehmen arbeiten weiter stark an der Entwicklung von klimafreundlichen Technologien und haben auf ihrem Heimatmarkt eine große Bedeutung. Für diese Auswertung haben wir die von DPMA und EPA veröffentlichten Patentanmeldungen mit Wirkung für Deutschland auf diesen Gebieten untersucht. Deutsche Firmen, Forschungseinrichtungen und freie Erfinderinnen und Erfinder liegen, sowohl bei erneuerbaren Energien als auch in Technologien, die einer klimaschonenden Mobilität dienen, wieder im Spitzenfeld. Im Vergleich zum Vorjahr konnten wir hier insgesamt einen deutlichen Aufwärtstrend beobachten (+18,6 %).
Die Teilbereiche Geothermie, Wind- und Sonnenenergie, Biomasse und Wasserkraft zählen zu den erneuerbaren Energien. Ziel der Entwicklungen ist es, diese natürlichen Quellen für den menschlichen Energieverbrauch zu nutzen — unter anderem, um den menschengemachten Klimawandel zu verlangsamen. Hierzu werden in der Natur stattfindende Prozesse zur Energieerzeugung genutzt oder aus nachwachsenden Rohstoffen wird Strom, Wärme oder Kraftstoff erzeugt.
Wie bereits in den vergangenen Jahren nimmt Deutschland auf diesem Gebiet eine führende Position ein. In der Solartechnik teilt sich Deutschland mit China mit jeweils 117 Anmeldungen den ersten Platz; bei den Windkraftmaschinen liegt das Land mit 105 Anmeldungen wie bereits im Vorjahr hinter Dänemark (197 Anmeldungen) auf dem zweiten Platz.
Nach dem deutlichen Rückgang der Anmeldezahlen in den vergangenen zehn Jahren konnten wir erstmalig wieder einen Anstieg in allen Teilbereichen verzeichnen (+18,6 %). Die Solartechnik steigerte sich im Vergleich zum Vorjahr um 32,7 %, der Anteil an Anmeldungen im Teilbereich Windkraftmaschinen immerhin um 2,3 %.
Eine Ursache für den Anstieg in allen Teilbereichen könnten verschiedene geplante Energiegesetze und Bundesförderprogramme sein, die den Anteil der Nutzung erneuerbarer Energien erhöhen sollen.
Das Ranking der Anmelder im Bereich Windkraftmaschinen führt die Siemens Gamesa Renewable Energy A/S mit 79 Anmeldungen an. Das französische Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives liegt mit 24 Anmeldungen auf Platz 1 der Anmelder im Bereich Solartechnik.
1 Von DPMA und EPA veröffentlichte Anmeldungen unter Vermeidung von Doppelzählungen.
2 Zum Abfragezeitpunkt gültige IPC-Klassen anteilig gezählt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit. Ergebnisse können auch andere Anwendungen enthalten.
3 B60L 53/51, C02F 1/14, E04D 13/18, F03G 6, F24J 2, F24S, G05F 1/67, H01L 31/04 bis H01L 31/078, H02J 7/35, H02N 6, H02S, H10K 30/50 bis H10K 30/57, H10K 39/10 bis H10K 39/18.
4 B60L 53/52, F03D.
5 F03B 7, F03B 13/10 bis F03B 13/26.
6 C02F 11/00, C12M 1/107, C12M 1/113, C12P 5/02, F03G 3, F03G 4, F03G 7/00 bis F03G 7/08, F24J 3, F24T 10, F24T 50, F24V 40, F24V 50, F24V 99.
Die immense Innovationstätigkeit vor allem im Bereich der Elektromobilität führt zu einem andauernden Aufwärtstrend im Bereich der Batterietechnik. Die Anmeldezahlen stiegen erneut um 30,8 % im Vergleich zum Vorjahr. Die anmeldestärksten Unternehmen sind hier Automobilbauer und Zulieferer.
Vor allem die Anmeldezahlen aus China nahmen im Vergleich zum Vorjahr stark zu (+78,8 %). Aber nach wie vor ist die Republik Korea das Land mit den meisten Anmeldungen (1.638) auf diesem Gebiet. Auf dem zweiten Platz folgt China (1.313), auf Platz 3 erneut Deutschland mit 1.091 Anmeldungen. Schwerpunkte der Entwicklung sind hier nachhaltige und umweltschonende Batterien, die kostengünstig hergestellt werden können und eine hohe Energieeffizienz und Leistungsfähigkeit haben.
Kurz erklärt — Die Internationale Patentklassifikation (IPC) Die ganze Welt der Technik in einem Ordnungssystem
Haushaltsgeräte, chemische Verfahren, Anwendungen Künstlicher Intelligenz: Patentanmeldungen kommen aus allen Bereichen der Technik. Um diese einheitlich und nachvollziehbar einordnen und verarbeiten zu können, gibt es eine einheitliche Internationale Patentklassifikation (IPC). Mit der Welt der Technik entwickelt sie sich ständig weiter.
Die Internationale Patentklassifikation (englisch: International Patent Classification — IPC) ist ein Mittel zur international einheitlichen Klassifizierung von Patentdokumenten und wird von mehr als 100 Patentämtern weltweit verwendet.
Sie ist Grundlage für eine sprachunabhängige systematische Recherche nach dem Stand der Technik und die Zuteilung von Patentanmeldungen an fachlich zuständige Prüfungsstellen. Sie ermöglicht die selektive Weitergabe von Patentinformationen an alle Nutzerinnen und Nutzer und ist Grundlage zur Erstellung von Statistiken über gewerbliche Schutzrechte und die Abschätzung technischer Entwicklungen sowie der Ermittlung von Trends.
Straßburger Abkommen
Das Straßburger Abkommen über die Internationale Patentklassifikation, das am 7. Oktober 1975 in Kraft trat, bildet die Grundlage der IPC. Gemäß Artikel 1 des Abkommens wurde die IPC-Union gegründet, der bis heute 65 Staaten beigetreten sind. Die internationale (bis dahin europäische) Klassifikation von Erfindungspatenten mit Wirkung vom 24. März 1971, die am 1. September 1968 veröffentlicht wurde, wird als die erste Ausgabe der IPC betrachtet.
Aufbau der IPC
Die IPC ist ein hierarchisch aufgebautes Klassifikationssystem, das das gesamte technische Wissen, das für das Gebiet der Erfindungspatente infrage kommt, in acht Sektionen unterteilt. Diese Sektionen stellen die höchste Hierarchieebene der Klassifikation dar. Die darunterliegenden Hierarchieebenen bilden in absteigender Reihenfolge die Klassen, Unterklassen, Haupt- und Untergruppen. Die Inhalte der hierarchisch niedrigeren Ebenen unterteilen die Inhalte der hierarchisch höheren Ebenen und sind diesen untergeordnet. Die Hierarchie zwischen den Untergruppen wird allein durch die Anzahl der Punkte bestimmt, die den Titeln vorangestellt sind und nicht durch die Nummerierung der Untergruppe. So können Patente und Gebrauchsmuster aktuell nach der IPC in rund 78.000 Haupt- oder Nebengruppen klassifiziert werden.
IPC-Revisionen
Die IPC-Union schreibt die IPC ständig fort, um die neuesten Entwicklungen von Wissenschaft und Technik in die Klassifikation aufzunehmen. Die Änderungen werden jährlich mit neuer Versionsnummer veröffentlicht und können in der IPC-Konkordanz nachvollzogen werden. Auch der Versionsindikator am Ende eines Titels gibt jene Version der Klassifikation an, in der der entsprechende Eintrag abgeändert wurde, zum Beispiel [2023.01].
Verwendung der IPC
Veröffentlichte Patentdokumente weisen die entsprechenden IPC-Symbole auf. Die IPC kann so für die Patentüberwachung und unterschiedliche Arten der Recherche, wie beispielweise Stand der Technik-Recherche, Patentfähigkeitsrecherche oder Neuheitsrecherche in Datenbanken genutzt werden.
Die Weltorganisation für geistiges Eigentum stellt auf ihrer IPC-Website die verbindliche Veröffentlichung der IPC zur Verfügung. Sie enthält den vollständigen Text der gültigen Ausgabe beziehungsweise Version sowie der früheren Ausgaben beziehungsweise Versionen der Klassifikation in englischer und französischer Sprache. Die IPC in deutscher Sprache wird durch das DPMA in Absprache mit dem Österreichischen Patentamt und dem Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum erstellt. Die deutsche Fassung ist zusammen mit der englischen und französischen Fassung und den früheren Ausgaben/Versionen in DEPATISnet öffentlich zugänglich.
Weitere Informationen zur internationalen Patentklassifikation finden Sie auf unseren Internetseiten.
Im Gespräch „Das DPMA ist eine zentrale Säule im Innovationssystem“
Deutschland zählt zu den innovativsten Ländern weltweit — doch wie lange noch? Der Vorsitzende der Expertenkommission Forschung und Innovation der Bundesregierung, Uwe Cantner, über die notwendige Transformation hin zu Zukunftstechnologien, erfolgreiche Politikberatung und die Bedeutung gewerblicher Schutzrechte für die Wirtschaft
Professor Dr. Uwe Cantner ist seit Dezember 2015 Mitglied der von der Bundesregierung berufenen Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI). Im Frühjahr 2019 hat er den Vorsitz der Kommission übernommen.
Er hat den Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre/Mikroökonomik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena inne, an der er auch Vizepräsident für wissenschaftlichen Nachwuchs und Gleichstellung ist. Weiterhin ist er Professor für Volkswirtschaftslehre an der Syddansk Universitet Odense, Dänemark.
Uwe Cantner hat an den Universitäten Augsburg und Detroit studiert, an der Ludwig-Maximilians-Universität München promoviert und sich an der Universität Augsburg habilitiert.
Er unterrichtet im Rahmen von Gastprofessuren an Universitäten in Italien und Frankreich und ist in nationalen und europäischen wirtschaftswissenschaftlichen Institutionen im Beirat und als Berater aktiv.
Herr Professor Cantner, man könnte Sie als obersten Pfleger des deutschen Innovationssystems bezeichnen. Wie steht es denn um die Balance und die Leistungsfähigkeit des Systems?
In den letzten 20 Jahren hat sich unser Innovationssystem gut entwickelt, und Deutschland gehört sicher zu einem der besten Innovationsstandorte der Welt. Dabei hat Deutschland auf traditionelle Stärken setzen können, wie beispielsweise den Automobilbau, den Maschinenbau und die Chemie. Die Welt hat sich inzwischen aber verändert, und es kommen ganz neue Schlüsseltechnologien zum Tragen, die jedoch nicht maßgeblich von Deutschland oder Europa vorangetrieben werden. Künstliche Intelligenz, Biotechnologie, aber auch neue Materialien; in all diesen Bereichen sind andere Länder schon weiter und auch vorne. Das bedeutet, dass wir in Deutschland nun dringend eine Verlagerung von Innovationsaktivitäten auf diese neuen Technologiefelder, einen Richtungsschwenk, brauchen.
Sind wir bereit für diesen Richtungsschwenk?
Es scheint uns in Deutschland nicht leicht zu fallen. Wir müssen nicht nur die Innovationsfelder und Produktionsstrukturen ändern, wir müssen auch von den zur Verfügung stehenden Kenntnissen und Kompetenzen herumschwenken sowie uns auch mental neu orientieren. Eigentlich haben wir dazu in Deutschland alles, was man braucht, um auch in Zukunft ein erfolgreicher Innovationsstandort zu bleiben — die Grundvoraussetzungen stimmen, wir müssen uns „nur“ auf die neuen Wege, sprich Technologien, einlassen.
Wo sehen Sie die Stärken und Schwächen im deutschen Innovationssystem?
Unsere Stärke ist die Perfektion. Wenn wir Deutschen einmal in einer Technologie angekommen sind, können wir sie bis zum Grad der Perfektion weiterentwickeln. Sei es im Automobilbau, im Maschinenbau oder auch in der Optik, wenn wir die Technologie in den Griff bekommen haben, sind wir in aller Regel Weltspitze. Allerdings fällt uns das Umdenken schwer. Weil es ja bisher auch gut funktioniert hat. Warum sollte ich meine Innovationsaktivitäten und Technologie wechseln, wenn meine Auftragsbücher voll sind? Der Drang, sich grundlegend neu zu orientieren, war bisher einfach nicht gegeben. Das ändert sich jedoch zunehmend.
Die EFI berät die Bundesregierung bei Themen wie Forschung, Innovation und der technischen Leistungsfähigkeit Deutschlands. Wie sehen Sie Ihren Auftrag?
Wir sind eine unabhängige Kommission und analysieren regelmäßig die Stärken und Schwächen des deutschen Forschungs- und Innovationssystems. Wir definieren die Schwachstellen und geben Empfehlungen an die Bundesregierung, wie diese Schwachstellen durch die Politik behoben werden könnten. Außerdem bewerten wir auch die Forschungs- und Innovationspolitik der Bundesregierung im Hinblick auf die Auswahl und Wirksamkeit der eingesetzten Maßnahmen.
Wie sieht das praktisch aus? Wie arbeitet die EFI?
Ein Team von sechs Experten, drei Hochschulprofessorinnen und drei Hochschulprofessoren aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Bereich, bildet die EFI-Kommission. Darüber hinaus gibt es noch eine Geschäftsstelle mit wissenschaftlichen Mitarbeitern und einer Administration sowie wissenschaftliche Mitarbeiter an unseren sechs Lehrstühlen. Neben einer Vielzahl von Online-Meetings gibt es im Jahr sieben Treffen à drei Tagen, bei denen die Forschungsergebnisse und Texte besprochen werden, aus denen dann schließlich das Gutachten entsteht. Wir arbeiten im Wesentlichen evidenzbasiert und wir lassen umfangreiche wissenschaftliche Studien durchführen, für die uns entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Sechs Hochschulprofessorinnen und -professoren, die sich alle sofort einig sind?
Wenn sechs Professoren an einem Tisch sitzen, können Sie sicher sein, dass Sie auch sechs Meinungen haben. Aber dank einer konstruktiven Diskussionskultur und unseres Konsensprinzips können am Ende immer alle das Ergebnis mittragen.
Einmal im Jahr überreichen Sie dann der Bundesregierung Ihr Gutachten. Wie sehr beherzigt die Politik Ihre Empfehlungen?
Die Erfolgsbilanz ist meiner Ansicht nach durchaus respektabel. Viele Handlungsempfehlungen werden umgesetzt. Und zwar sehr erfolgreich, wie zum Beispiel die Forschungszulage, die Gründung der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) oder die Missionsorientierung der Forschungs- und Innovationspolitik.
Aber es gibt auch immer wieder Themen und Empfehlungen, die — wenn überhaupt — weit weniger Aufmerksamkeit genießen oder die nur sehr schleppend umgesetzt werden, wie zum Beispiel die Digitalisierung der Verwaltung. Von einer Eins-zu-eins-Umsetzung gehen wir ohnehin nie aus. Unsere Empfehlungen entspringen ja einer konzeptionell-wissenschaftlichen Herangehensweise. Sie müssen aber dann durch die Politik abgewogen und mehrheitsfähig gemacht werden. Da hängt manches natürlich auch von der gesamtpolitischen Lage ab.
Welche Bedeutung haben gewerbliche Schutzrechte im Innovationssystem?
Gewerbliche Schutzrechte sind eine sehr wichtige rechtliche Institution. Die Bedeutung ist allerdings auch ein wenig branchenabhängig. Die Pharmabranche nutzt gewerbliche Schutzrechte intensiver als der Maschinenbau; das zeigen empirische Studien.
Zweifellos ist das verbriefte Recht am geistigen Eigentum aber ein sehr wichtiger Wert für ein Unternehmen, mit dem es handeln und Geschäfte machen kann. Denn die Rückflüsse auf hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung möchten abgesichert sein.
Und welche Rolle sehen Sie für das DPMA in diesem System?
Das DPMA ist ein Garant dafür, dass die Bewertung neuer technischer Ideen systematisch, gleichmäßig und rechtlich korrekt erfolgt. Dieser Aufgabe kommt das Amt sehr effektiv nach. Wir könnten uns aber durchaus vorstellen, dass das DPMA auch noch weitere Aufgaben übernimmt: So könnte es noch weiter in die Technologiemärkte einsteigen und Foren schaffen, damit Erfinder und Unternehmen, die Erfindungen lizenzieren und vermarkten möchten, besser zusammenkommen. So weit ist man heute noch nicht, aber das sollte man sich vornehmen. Das DPMA ist mit seinen jetzigen Aufgaben in jedem Fall eine zentrale Säule im deutschen Forschungs- und Innovationssystem. Ohne das DPMA wäre das System nicht so gut wie es heute ist!
In Ihrem jüngsten Gutachten haben Sie zwei Empfehlungen mit unmittelbarem Bezug zu der Nutzung von geistigem Eigentum ausgesprochen. Eine Empfehlung betrifft den Transfer von Schutzrechten, der bei Ausgründungen an Universitäten erleichtert werden soll. Warum ist das so wichtig?
Damit eine Idee, die an einer Forschungseinrichtung entwickelt und von dieser auch patentiert wurde, in die ökonomische Anwendung kommt, wird sie oft an ein Unternehmen verkauft, in vielen Fällen an Start-ups. Dafür muss ein fairer und angemessener Preis für diesen Wert des geistigen Eigentums ermittelt werden. Wenn die Entwicklung der Idee allerdings aus Steuergeldern finanziert wurde, stellt sich die Frage, warum man dann für die Weitergabe des Patents noch einen (hohen) Preis verlangen muss. Das europäische Beihilferecht lässt es aber nicht zu, dass ein solches Patent sozusagen verschenkt wird. Es muss ein Preis gesetzt werden, und es darf sich nicht um einen Marginalpreis handeln, er muss schon eine bestimmte Höhe haben. Die damit verbundenen Ausgaben für den Erwerb eines Patents sind für finanziell nicht üppig ausgestattete Start-ups oftmals zu hoch und können das Unternehmen in seiner Anfangsphase geradezu strangulieren.
Was ist Ihr Vorschlag?
Unsere Idee wäre, dass das geistige Eigentum zwar entsprechend bewertet wird, die Forschungseinrichtung das Patent jedoch als eine virtuelle Beteiligung in das Unternehmen einlegt und erst mal auf alle Rückflüsse aus dem Unternehmen verzichtet. Erst wenn die Vermarktung der Idee profitabel wird, sollen Rückflüsse auch an die das Patent haltende Forschungseinrichtung erfolgen. Das gibt dem Unternehmen in der schwierigen Anlaufphase einen größeren finanziellen Spielraum und kann maßgeblich zu einer erfolgreichen Vermarktung beitragen.
Ihre zweite Empfehlung bezieht sich auf die Nutzung von standardessentiellen Patenten (SEP)? Warum sollte sich hier etwas ändern?
SEP sind Patente, die für neue Technologieentwicklungen ausschlaggebend sind. Wer die nicht hat und nicht nutzen darf, ist hierbei außen vor. Die Möglichkeit der Nutzung derart wichtiger Patente sollte daher trotz des bestehenden Patentschutzes ermöglicht werden. Für diese Nutzungsmöglichkeiten sollte es klare Regelungen geben, wie die Pflicht der Patenthalter zur Lizenzvergabe unter fairen Bedingungen. Dadurch könnten auch Streitbarkeiten vor Gericht der Zahl nach verringert und schnelle Konsenslösungen in Schlichtungsverfahren herbeigeführt werden. Patentstreitigkeiten können sich teilweise über Jahre hinziehen und würden damit die Technologieentwicklung blockieren. Das darf nicht passieren. Wir unterstützen daher den Vorschlag der EU zur Formulierung freiwilliger Leitlinien für die SEP-Lizenzierung und die Einführung eines Schlichtungsverfahrens vor Einleitung eines Rechtsstreits. Zudem befürwortet die Expertenkommission den Aufbau eines SEP-Registers sowie die Einführung eines Begutachtungsverfahrens zur Prüfung, ob ein Patent für die Nutzung eines bestimmten Standards tatsächlich notwendig ist.
Vor 50 Jahren Europäisches Patentübereinkommen — Aus einer Vision wird Realität
Am 5. Oktober 1973 wurde mit der Unterzeichnung des Europäischen Patentübereinkommens in München eine in Europa bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts gehegte Vision Wirklichkeit: die Schaffung eines europäischen Regelwerkes zum Schutz von Innovationen. Seit der Gründung der Europäischen Patentorganisation ist viel passiert, und aus der Vision wurde gelebte europäische Zusammenarbeit. Neben den nationalen Schutzrechtssystemen hat sich die Europäische Patentorganisation als wichtiger Akteur im IP-System etabliert — und steht seit dem vergangenen Jahr vor neuen Herausforderungen.
Mit dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) wurde der Grundstein für ein Patentsystem gelegt, das den Weg zum Patentschutz in Europa wesentlich erleichtert hat. Anstatt eine Erfindung in mehreren Staaten anmelden und das jeweilige nationale Erteilungsverfahren durchführen zu müssen, können Anmelderinnen und Anmelder mit einer einzigen Patentanmeldung beim Europäischen Patentamt (EPA) aufgrund eines einheitlichen Erteilungsverfahrens ein „Bündel“ an Patenten erlangen. Nach der Erteilung besitzt das sogenannte „europäische Patent“ in jedem EPÜ-Vertragsstaat, für den es erteilt worden ist, dieselbe Wirkung und unterliegt denselben Vorschriften wie ein in diesem Staat erteiltes nationales Patent — und erweitert damit die strategischen Möglichkeiten der Anmelderinnen und Anmelder.
Die Europäische Patentorganisation (EPO) hat sich seit Aufnahme ihrer Arbeit im Jahr 1977 zu einer weltweit anerkannten internationalen Organisation entwickelt, die inzwischen 39 Mitgliedstaaten in dem Ziel vereint, Erfindungen auf allen Gebieten der Technik in allen Vertragsstaaten durch Patente zu schützen. „Die Unterzeichnung des Europäischen Patentübereinkommens vor 50 Jahren war eine große Weichenstellung. Heute können wir sagen: Sie war der Beginn einer echten Erfolgsgeschichte“, sagt DPMA-Präsidentin Eva Schewior. „Die Europäische Patentorganisation hat sich neben den nationalen Schutzrechtssystemen etabliert und ist zu einem wichtigen Akteur im internationalen IP-Ökosystem geworden.“
Die Vertragsstaaten sind im Laufe der Zeit durch ihre enge Zusammenarbeit im Rahmen des EPÜ stetig weiter zusammengewachsen. Auch die Zusammenarbeit zwischen der EPO und den nationalen Patentämtern ist ein wesentlicher Beitrag zur effizienten Unterstützung und Information der Nutzerinnen und Nutzer beider Systeme und ein starkes Bekenntnis zum Patentschutz in Europa. In der Kombination nationaler und europäischer Schutzmöglichkeiten steht den Nutzenden ein differenziertes Angebot an hochwertigem Patentschutz zur Verfügung, das sie je nach ihren individuellen Bedürfnissen nutzen können.
Einführung des Einheitspatentsystems zum 1. Juni 2023
Das EPÜ hat den Schutz von geistigem Eigentum in Europa wesentlich vorangetrieben und leistet einen wichtigen Beitrag zur Verständigung und Freundschaft unter den Vertragsstaaten. Pünktlich zu seinem 50-jährigen Bestehen werden die Ergebnisse dieser europäischen Zusammenarbeit durch einen weiteren historischen Meilenstein unterstrichen: die Einführung des „europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung“.
Mit dem sogenannten Einheitspatent besteht für Anmelder seit 1. Juni 2023 neben dem nationalen deutschen Patent und dem europäischen Patent eine weitere Schutzoption für ihre Erfindungen. Es gewährt einem Patentinhaber auf Antrag einheitlichen Schutz in allen EU-Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) ratifiziert haben, unter anderem auch in Deutschland.
Die vergangenen 50 Jahre haben für das nationale und internationale Patentrecht historisch bedeutsame Entwicklungen mit sich gebracht — es bleibt spannend, was die nächsten 50 Jahre für das Patentrecht bereithalten.
Weitere Informationen zum europäischen Einheitspatent finden Sie auf unseren Internetseiten.