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100. Geburtstag Gertrude Elion
Ein Leben für die Arzneimittelforschung
Patente Frauen
100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland: Das DPMA widmet sich in diesem Jahr besonders den Forscherinnen und Erfinderinnen. In einer losen Reihe stellen wir bedeutende Frauen aus Naturwissenschaft und Technik vor.
In diesen Tagen hätte eine der bedeutendsten Arzneimittelforscherinnen des 20. Jahrhunderts ihren 100. Geburtstag gefeiert: Gertrude Belle Elion. Die Nobelpreisträgerin von 1988 entwickelte einige der wichtigsten Medikamente unserer Zeit und revolutionierte sowohl die Entwicklung neuer Arzneimittel als auch die Medizin im Allgemeinen.
Als Gertrude Elion der Einstieg in die Arzneimittelforschung gelang, war es für Frauen noch schwierig und ungewöhnlich, in naturwissenschaftlichen Berufen Fuß zu fassen. Elion, geboren am 23. Januar 1918 in New York, war die Tochter eines Zahnarztes und ein wißbegieriges, vielseitig interessiertes Kind. Der Krebstod ihres Großvaters war ihr Impuls, sich der Arzneimittelforschung zu widmen.
Dr. George H. Hitchings und Gertrude Elion, 1988
Nach dem Hunter College studierte sie an der New York University. Elion war in ihrem Chemie-Studiengang die einzige Frau. Ihr Studium finanzierte sie, indem sie nebenbei als Lehrerin und Laborassistentin arbeitete. Zeit für eigenes Lernen und Forschen blieb ihr nur abends und am Wochenende. Dennoch schloss sie 1941 ihr Studium mit dem Master ab.
Der Männermangel im Zweiten Weltkrieg erleichterte ihr den Einstieg in die naturwissenschaftliche Berufswelt. Sie fand rasch eine Arbeit in einem Labor der Lebensmittelindustrie, suchte aber bald unzufrieden nach einer echten Herausforderung. Diese fand sie beim Arzneimittelunternehmen Burroughs-Wellcome & Company (heute GlaxoSmithKline). 1944 wurde sie Laborassistentin des Biochemikers George H. Hitchings. Damit begann eine kongeniale jahrzehntelange berufliche Partnerschaft, die beiden große wissenschaftliche Erfolge und schließlich den Nobelpreis für Medizin einbringen sollte.
„Mein Wissensdurst kam mir in diesem Labor zugute, denn Dr. Hitchings erlaubte es mir, so schnell wie möglich zu lernen und immer mehr Verantwortung zu übernehmen, wenn ich dazu bereit war“, erinnerte Elion sich später. „Von der reinen organischen Chemikerin wurde ich bald sehr stark in die Mikrobiologie und in die biologischen Aktivitäten der Verbindungen, die ich synthetisierte, involviert. Meine Arbeit war von Anfang an faszinierend. Wir haben neue Grenzen erforscht, denn über die Biosynthese von Nukleinsäuren oder die daran beteiligten Enzyme war nur sehr wenig bekannt.“
Erfolgreich im Kampf gegen Krankheiten
Gertrude Belle Elion
Ihre Doktorarbeit, an der sie nebenbei in der Abendschule arbeitete, musste sie schweren Herzens abbrechen, nachdem sie vom Brooklyn Polytechnic Institute aufgefordert worden war, sich zwischen Job und Promotion zu entscheiden. Viele Jahre später erhielt sie dann die Ehrendoktorwürde von mehreren Universitäten.
Elion wurde von der Assistentin rasch zu Hitchings gleichwertiger Kollegin: Publikationen erschienen in beider Namen, Patente nannten beide als Urheber. Gemeinsam schrieben sie Medizingeschichte: Besonders im Bereich der Zytostatika leisteten sie Bahnbrechendes. Sie entwickelten das erste Immunsuppressivum und ermöglichten so Organtransplantationen. Sie entdeckten Wirkstoffe gegen Gicht, Herpes und AIDS. Und sie entwickelten das erste Medikament zur Behandlung der bis dahin unheilbaren Leukämie.
Elions Beruf war ihre Berufung: „Als wir begannen, die Ergebnisse unserer Bemühungen in Form von neuen Medikamenten zu sehen, die echte medizinische Bedürfnisse erfüllten und den Patienten auf sehr sichtbare Weise zugute kamen, war unser Gefühl der Belohnung unermesslich.“
1967 wurde Elion Leiterin der Abteilung für experimentelle Therapie bei Wellcome, eine Position, die sie bis zu ihrer Pensionierung 1983 beibehielt. Sie blieb weiterhin sehr aktiv als Professorin, Beraterin, Rednerin, Forscherin sowie Mitglied zahlreicher Gremien. Und sie engagierte sich bis zu ihrem Tod 1999 dafür, junge Menschen für die Wissenschaft zu begeistern.
Erste Frau in der Inventors Hall of Fame
Nach dem Nobelpreis „für die Entdeckung wichtiger Prinzipen der Arzneimitteltherapie“, den Hitchings und sie sich 1988 mit James Black teilten, erhielt sie zahlreiche weitere Ehrungen und Anerkennungen, u.a. die National Medal of Science, die höchste wissenschaftliche Auszeichnung der Vereinigten Staaten. 1991 wurde sie als erste Frau in die National Inventors Hall of Fame der USA aufgenommen.
In der Online-Patentdatenbank des DPMA, DEPATISnet , können Sie zahlreiche US-Patente, an denen Gertrude Elion beteiligt war, einsehen. Die erste Patentschrift stammt von 1950 und die letzte von 1980 – beide stehen für ihr jahrzehntelanges erfolgreiches Forschen und Entwickeln.
Bild: Will und Denis McIntyre / GSK, unbekannter Autor, Creative Commons via Wikimedia
Stand: 13.11.2024
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