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70 Jahre Patentamt in München, Teil 1

Wie das Patentamt an die Isar kam und München zum Zentrum des gewerblichen Rechtsschutzes wurde

Das Deutsche Patentamt im Bibliothekstrakt des Deutschen Museums, 1949

Das Deutsche Patentamt im Bibliothekstrakt des Deutschen Museums, 1949

Vor genau 70 Jahren begann der Aufstieg Münchens zur europäischen Hauptstadt für den Schutz von Innovationen: Am 1. Oktober 1949 nahm das Deutsche Patentamt in der bayerischen Landeshauptstadt seine Arbeit auf. Aber wie kam das Amt, das 1877 als Kaiserliches Patentamt in Berlin gegründet worden war, an die Isar?

Berlin, Februar 1945. Vor wenigen Tagen haben alliierte Bomben das Reichspatentamt schwer getroffen. Ein Prüfer namens Dr. Kalix berichtet in einem Brief an Kollegen im Kriegseinsatz von den Zuständen im Amt:

„Am 30. (1.1945) fanden sich nur wenige zum Dienst ein, da fast sämtliche Verkehrsmittel ausfielen. Auch der Weg zum Amt war gefährlich, denn gegenüber brannten einige Häuser bis zum Keller (…). Diejenigen, die sich heroisch bis zu ihren Zimmern durchgekämpft hatten, mußten meist wieder umkehren, da die Räume nicht einmal betretbar waren, denn die Einrichtung war vollständig zertrümmert und Fußboden und Wände waren mit pfenniggroßen Glassplittern gespickt (…) Manche Kollegen sind zu Höhlenbewohnern geworden, d.h. sie haben nur Pappfenster und müssen den ganzen Tag bei künstlichem Licht arbeiten. (…)
Es wurde draußen aber immer kälter, das Thermometer näherte sich 0 und Schwarzseher berechneten schon, wann der erste Heizkörper platzen würde. Am Freitag (18.2.) war es soweit, dass man in einigen Zimmern Schlittschuh fahren konnte (…) Heute früh war weit und breit im Amt Sand gestreut, damit man sich vorwärts bewegen konnte.“

Bibliothek im Salz

Die eingelagerte Bibliothek im Salzbergwerk in Heringen an der Werra

Die eingelagerte Bibliothek des Patentamts im Salzbergwerk in Heringen an der Werra

Spätestens seit Ende 1943, als die Bombenangriffe auf Berlin immer heftiger wurden, hatte man im Reichspatentamt damit begonnen, Akten außerhalb der Stadt in Sicherheit zu bringen. 180 000 Akten wurden über den Spree-Oder-Kanal in ein Kloster in Schlesien gebracht, wo sie gegen Kriegsende verbrannten. Große Teile der Bibliothek des Reichspatentamts (mindestens 250 000 Bände) brachte man nach Heringen in Hessen und lagerte sie in einem Salzbergwerk ein.

Wenige Tage nachdem Dr. Kalix von den Zuständen im ausgebombten Haus berichtet hatte, wurde das Reichspatentamt in Berlin geschlossen. Es war der 21. April 1945, ein Samstag. Einen Tag später besetzte die russische Armee das Gebäude.

Nach Kriegsende teilten die Alliierten Deutschland und Berlin in vier Besatzungszonen auf; das Reichspatentamt lag ab 4. Juli 1945 im amerikanischen Sektor. Etwa 145.000 unbearbeitete Patentanmeldungen sollen zu diesem Zeitpunkt noch im Amt vorhanden gewesen sein. Ein amerikanischer Expertenstab, die "Field Intelligence Agency, Technical" (FIAT), beschlagnahmte diese Akten. Geleitet wurde der Stab von Richard Spencer, der vor seinem Kriegseinsatz Patentanwalt in Chicago gewesen war.

Die patentamtlose Zeit

Das schwer beschädigte Gebäude des ehemaligen Kaiserlichen Patentamts in der Gitschiner Straße

Das schwer beschädigte Gebäude des ehemaligen Kaiserlichen Patentamts in der Gitschiner Straße

Mit dem Zusammenbruch begann eine „patentamtlose“ Zeit in Deutschland. Angesichts der umfassenden Zerstörungen und der Mammutaufgabe des Wiederaufbaus waren die gewerblichen Schutzrechte zunächst nicht das dringendste Problem im besetzten Land. Noch 1949 schrieb Spencer: "Für den Augenblick ist Deutschland kaputt und das deutsche Patentwesen ist auch kaputt" ("Journal of the Patent Office Society").

Der Wiederaufbau eines Patentwesens war eng mit den jeweiligen Besatzungszonen verknüpft: Während der russisch besetzte Osten im aufziehenden Kalten Krieg eigene Wege ging, waren sich auch in den drei westlichen Besatzungszonen nur die Amerikaner und Briten darin einig, dass der gewerbliche Rechtsschutz rasch neu aufgebaut werden müsse. In diesen beiden Zonen nahmen die Planungen für ein neues Patentamt allmählich konkretere Formen an.

Am 1. Januar 1947 schlossen sich britischer und amerikanischer Sektor zur „Bizone“ zusammen und gründeten den „Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes“. Dieser stellte am 5. Juli 1948 die Weichen für den Wiederaufbau des gewerblichen Rechtsschutzes im Westen Deutschlands: Vom 1. Oktober 1948 an sollte es wieder die Möglichkeit geben, Erfindungen zum Patent oder Gebrauchsmuster anzumelden und Warenzeichen eintragen zu lassen. In Darmstadt und Berlin wurden zwei Annahmestellen eingerichtet.

Anmeldungsflut in Darmstadt

Vor allem die Annahmestelle Darmstadt verzeichnete einen enormen Zulauf. Hier wurden innerhalb eines Jahres 56 591 Patente angemeldet – mehr als im letzten Friedensjahr 1938 beim damaligen Reichspatentamt (56 217)! In Berlin gab es in diesem Zeitraum immerhin 4 411 Patentanmeldungen. Zu den Darmstädter Anmeldungen dieser Zeit gehörten unter anderem „Klassiker“ wie der Schraubstollenschuh von Alexander Salot oder der speziell gefaltete pdf-Datei Stadtplan von Gerhard Falk .

Damit lag die Neugründung eines „richtigen“ Patentamts im Westen förmlich in der Luft. Wo aber sollte es seinen Sitz haben? In Berlin, dem Ort des schwer beschädigten Stammhauses, lebte seinerzeit noch immer ein Großteil des qualifizierten ehemaligen Personals. Aber die Enklave in der „sowjetisch besetzten Zone“ (SBZ) galt spätestens seit der russischen Blockade der Westsektoren 1948/49 als nicht sicher.

Darmstadt machte sich große Hoffnungen, hatte es doch neben der neuen Annahmestelle, wo einige ehemalige Patentamtsmitarbeiter jetzt tätig waren, eine technische Hochschule zu bieten und lag zentral (viele gingen damals davon aus, das benachbarte Frankfurt würde Bundeshauptstadt werden). Aber auch Stuttgart, Hamburg, Köln und Minden wollten das Amt – und natürlich Berlin.

„Das Patentamt kann in seiner Bedeutung gar nicht überschätzt werden“

Bücherstapel vor der Neuaufstellung in der Bibliothek in den Räumen des Deutschen Museums

Bücherstapel vor der Neuaufstellung in der Bibliothek in den Räumen des Deutschen Museums

In Bayern war man entschlossen, das Patentamt nach München zu holen. Am 16. April 1948 sprach der Ministerrat erstmal darüber. Münchens Oberbürgermeister Dr. Karl Scharnagl erklärte, die Stadt habe größtes Interesse daran, das bizonale Patentamt zu bekommen. Scharnagl brachte das Deutsche Museum für die Unterbringung ins Spiel, warnte aber auch vor Problemen mit der Technischen Hochschule und der Universität, die die Räume seinerzeit nutzten.

Der damalige Ministerpräsident Dr. Hans Ehard freute sich über das Interesse der Stadt: „Diese Dinge dürfe man nicht nur von dem Gesichtspunkt des Augenblicks betrachten und auch nicht nur im Hinblick auf die bestehenden Schwierigkeiten“, heißt es im Sitzungsprotokoll. Man müsse vielmehr daran denken, welche Vorwürfe in zehn Jahren erhoben würden, wenn man jetzt einmalige Gelegenheiten versäume, so Ehard. In solchen Zeiten wie jetzt sei es eben notwendig, ein gewisses Risiko einzugehen, fand der Ministerpräsident. Das Patentamt könne eine außerordentliche Anziehungskraft ausüben und könne in seiner Bedeutung gar nicht überschätzt werden (externer Link Ministerratssitzung Nr. 27, 16.4.1948).

Warum München?

Was für München sprach: Es gab hier nicht nur umfangreiche Bibliotheken und wissenschaftliche Forschungseinrichtungen. Neben der Technischen Hochschule und dem weltgrößten Technikmuseum (dem externer Link Deutschen Museum) hatten sich nach Kriegsende auch etliche große Firmen hier neu angesiedelt, beispielsweise Siemens.

Während der NS-Zeit hatte die NSDAP, deren gesamte Verwaltung und Untereinrichtungen in München angesiedelt waren, auch ihre Erfindungsbürokratie an der Isar zentriert, z.B. das „Hauptamt für Technik der NSDAP“, das die Räumlichkeiten des „Bayerischen Polytechnischen Vereins“ in der Erhardstraße in der Nähe des Deutschen Museums nutzte.

Außerdem konnte Bayern darauf verweisen, dass es dem zukünftigen Bundesland nach der föderalistischen Logik nun einmal zustand, auch eine wichtige Einrichtung der sich abzeichnenden Bundesrepublik beheimaten zu dürfen. Vorbereitet wurde diese Entscheidung für München durch den späteren Staatssekretär im Bundesjustizministerium Walter Strauß und Hans Wellhausen, dem Vorsitzenden des Patentrechtsausschusses im Wirtschaftsrat der Bizone.

Schwierigkeiten bei den Räumlichkeiten

Blick in die neu eingerichteten Räumlichkeiten

Blick in die neu eingerichteten Räumlichkeiten

Bald zeichnete sich ab, dass Münchens Bemühungen von Erfolg gekrönt sein würden. Aber die Schwierigkeiten mit den Räumen ließen sich nicht so leicht regeln. Als der Ministerrat ein halbes Jahr später erneut zu dem Thema beriet, hieß es, „daß immer noch eine Reihe von Schwierigkeiten bestünden und vor allem von Seiten der Hochschulen mit allen Mitteln gegen die Freimachung des Deutschen Museums angekämpft werde“.

Universität und Technische Hochschule hatten einen Teil der für das Patentamt vorgesehenen Räume des Deutschen Museums bis Ende 1949 rechtsgültig gemietet. Ministerpräsident Ehard betonte daraufhin nochmals, „daß unter allen Umständen so rasch als möglich eine Lösung gefunden werden müsse, nachdem es endlich nach manchen Fehlschlägen gelungen sei, ein so wichtiges bizonales Amt wie das Patentamt nach München zu bringen“ (Ministerratssitzung Nr. 50, 23. November 1948).

Der Freistaat sprang sogar bei der Miete in die Bresche: Das Deutsche Museum forderte eine Miete von drei DM pro Quadratmeter, das Patentamt sollte aber nur 1,75 DM zahlen. Die Bayerische Staatsregierung übernahm die Differenz. Gleichzeitig garantierte sie den Universitäten, dass Ersatz für die Räumlichkeiten gefunden werde.

Knappe Entscheidung

„Gesetz über die Errichtung eines Patentamts“

„Gesetz über die Errichtung eines Patentamts“

Die Entscheidung für München fiel am 17. 12. 1948, als der Wirtschaftsrat in dritter Lesung das „Gesetz über die Errichtung eines Patentamts“ verabschiedete und zugleich über den Sitz des Patentamtes abstimmte. Dabei setzte sich München mit 43:40 Stimmen gegen Darmstadt durch. „Deutsches Patentamt im Vereinigten Wirtschaftsgebiet“ sollte die ihm nachgeordnete Behörde heißen, beschloss der Wirtschaftsrat. Die Annahmestellen in Darmstadt und Berlin sollten aufgelöst werden.

„Mit ausschlaggebend für die Wahl Münchens waren die besseren Unterbringungsmöglichkeiten für die Bibliothek des Patentamts, die gegenwärtig in einem Kalibergwerk in Mitteldeutschland lagert, sowie geeignetere Unterkunft für die Beamten und Angestellten des Patentamts“, schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ zu dieser Entscheidung (SZ 18.12.1948).

Allerdings trat das Gesetz zunächst nicht in Kraft, weil die Alliierten nicht zustimmten. So berichtete die „Süddeutsche“, dass die französische Militärregierung der Errichtung eines deutschen Patentamtes „sehr kritisch“ gegenüberstehe und sie für „verfrüht“ halte; man wolle eine europäische Regelung. „Dabei denke man an das von Frankreich angestrebte europäische Patentamt in Genf“ (SZ 27.1.1949).

Ärger mit den Universitäten

Magazin der Bibliothek in den neuen Räumlichkeiten

Magazin der Bibliothek in den neuen Räumlichkeiten

Die Unterbringungsfrage war indes noch immer nicht gelöst: In der Bayerischen Ministerratssitzung vom 5. Januar 1949 wurde berichtet, es „hätten sich aber dadurch große Schwierigkeiten ergeben, daß die Rektoren der Universität und der Technischen Hochschule (…) sich darauf berufen hätten, daß der Vertrag der Hochschule mit dem Deutschen Museum bis zum 1. 9. 1949 laufe und sie sich weigerten, vorher das Gebäude zu verlassen. Nachdem am 1. 7. 1949 das Patentamt eröffnet werden solle und im Laufe dieses Jahres sämtliche Räume bezogen werden müssen, wäre die Situation jetzt sehr unangenehm.“ Der Rektor der Technischen Hochschule habe sich aber zum Auszug bereit erklärt, „wenn er 2–300000 DM für den Ausbau bekomme“.

Ministerpräsident Ehard war laut Protokoll frustriert: Es sei einfach trostlos, dass immer wieder Schwierigkeiten gemacht würden, wenn man versuche, ein wichtiges Amt oder sonst ein für Bayern wertvolles Unternehmen nach München zu bringen. „Endlich habe man die Zustimmung vom Wirtschaftsrat in Frankfurt erreicht und jetzt gingen die Schwierigkeiten wieder los. Es sei tatsächlich anscheinend unmöglich, sich noch für irgendeine Sache einzusetzen.“

Immerhin konnte bei dieser Sitzung aber auch festgehalten werden, dass der Aufbaustab für das Patentamt in München eingetroffen sei und eine Besprechung mit dem neuen Oberbürgermeister Thomas Wimmer „befriedigend verlaufen sei, soweit die Unterbringung der Beamten des Patentamtes in München in Betracht käme“.

Kultusminister Dr. Alois Hundhammer brachte als Ausweichmöglichkeit übrigens das Gelände der „ehem. Schwere Reiter-Kaserne“ ins Spiel, wo später tatsächlich der Neubau des Patentamts errichtet wurde (Ministerratssitzung Nr. 55, 5. Januar 1949).

Es geht voran

Der erste Präsident des Nachkriegs-Patentamts, Prof. Dr. Eduard Reimer

Der erste Präsident des Nachkriegs-Patentamts, Prof. Dr. Eduard Reimer

Während die Staatsregierung also noch Probleme wälzte, feierte die „Süddeutsche“ Münchens Erfolg: „Es ist erfreulich, dass München dazu ausersehen wurde, dem neuen Deutschen Patentamt eine Heimstätte zu bieten. Die Stadt besitzt nicht nur eine große Technische Hochschule von Rang, sondern auch eine Reihe bekannter technischer Lehranstalten und Schulen. Man rechnet mit einem Patentamtspersonal von 600 bis 800 Köpfen. Ein großer Teil des Personals soll aus Ortansässigen, also Münchner, bestehen. Die eingearbeiteten Prüfer bzw. die technischen und rechtskundigen Mitglieder des früheren Amtes sollen übernommen werden“ (SZ 11.1.1949).

Im April berichtete die Zeitung dann: „Im raschen Zug schreitet auch der Ausbau der Räumlichkeiten für das Patentamt fort, das im Juni im Museum seinen Einzug halten soll. Über eine halbe Million Bände mit Unterlagen warten bereits in meterhohen Stößen in einzelnen Räumen auf ihre zukünftige Verwendung. Sie werden hier ihre Odyssee beenden, die aus Berlin in die Schächte Mitteldeutschlands und später in verschiedene Orte Westdeutschlands führte“ (SZ 12.4.1949).

Am 24. Mai 1949 vereinigten sich die drei westlichen Besatzungszonen zur Bundesrepublik Deutschland. Im August fanden die ersten Wahlen zum Bundestag statt, der im September zu seiner ersten Sitzung zusammentrat.

Am 12. August 1949 trat nun endlich das "Gesetz über das Deutsche Patentamt" in Kraft, das München in § 1 als Sitz des Patentamtes bestimmte. Darmstadt erhielt als Ausgleich zentrale Behörden der Deutschen Bundespost. Am 25. August 1949 gab der Vorsitzende des Verwaltungsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebiets, Hermann Pünder bekannt, dass das neue Deutsche Patentamt zum 1. Oktober 1949 eröffnen werde.

Warten aufs Patentamt

Der Schreibtisch des Präsidenten

Der Schreibtisch des Präsidenten

„100 000 Erfinder warten aufs Patentamt“, schrieb die SZ im Juli 1949: „Seit April arbeitet im Deutschen Museum ein Aufbaustab, der jetzt etwa 100 Köpfe zählt. (…) Rund 40 Räume wurden inzwischen im Bibliotheksbau des Deutschen Museums für das Patentamt fertiggestellt; an den Hallen für den späteren Publikumsverkehr, für das Archiv und für die Bücherei wird noch mit allem Nachdruck gearbeitet. Gegenwärtig entstehen die Regale der Bücherei, die, aneinandergereiht, die beachtliche Länge von 19 Kilometern ergeben würden.“

Das Amt werde „Fachleute aus aller Herren Ländern zur Erledigung ihrer Patentgeschäfte nach München führen“, frohlockte das Blatt. Und berichtet über das bereits recht gesunde Selbstbewusstsein des entstehenden Amtes: „Ungewissheit herrscht noch über den zukünftigen Status des Patentamtes, das vorläufig dem Rechtsamt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets nachgeordnet ist und früher dem Reichsjustizministerium unterstellt war. In seiner Leitung meint man, dass ihm als einziger großer technischen Behörde die Selbständigkeit nicht schlecht anstünde“ (SZ 19.7.1949).

Ärger in Berlin

Vor allem in Berlin war man über die Entscheidung für München alles andere als glücklich. Der SZ gegenüber erklärte der Leiter der Berliner Annahmestelle, Dr. Johannes Eylau (er war 1933 von den Nazis als Präsident des Reichspatentamts abgesetzt worden), er hoffe, „dass die Verlegung des Bundespatentamtes nach München keine endgültige Entscheidung darstelle.“ Verschiedene Berliner Zeitungen wandten sich gegen die Errichtung des Patentamtes in München. Der „Tagesspiegel“ nannte dies eine Maßnahme „von offenbarer und politischer Unlogik“, so die SZ (25.8.1949).

„Höchste volkswirtschaftliche Bedeutung“: Die Eröffnung in München

Die Annahmestelle des Patentamts im Deutschen Museum

Die Annahmestelle des Patentamts im Deutschen Museum

Schließlich aber war es so weit: „Die gemeinsame Erkenntnis der Vertreter der deutschen Industrie, der Beamten der Militärregierung und der beteiligten deutschen Behörden, dass das deutsche Volk gerade heute eines starken Schutzes für seine geistigen Leistungen bedarf und dass diese eine seiner wertvollsten Posten für die Sicherung seines künftigen Lebens sind, hat zur Anspannung aller Kräfte und schließlich zum Erfolge geführt“, freute sich Justizminister Dr. Thomas Dehler. Am 1. Oktober 1949, einem Samstag, nahm das Deutsche Patentamt mit 423 Beschäftigten im Deutschen Museum seine Tätigkeit auf. Präsident wurde Professor Dr. Eduard Reimer, der bis zu seinem Tod 1957 das Amt leiten sollte.

Die politische Prominenz der jungen Republik gratulierte: Bundeskanzler Konrad Adenauer sagte, es erfülle ihn „mit besonderer Genugtuung“, dass das Patentamt die erste obere Bundesbehörde der BRD sei, die ihre Arbeit aufnehme. Es werde „von noch höherer Bedeutung sein als früher“.

„Eine reiche und anerkannte Tradition steht hinter dem Neubeginn – sie wird von dessen Trägern als Kraft und Verpflichtung empfunden werden,“ schrieb Bundespräsident Theodor Heuß. „Höchste volkswirtschaftliche Bedeutung“ komme der Eröffnung des Deutschen Patentamts zu, betonte Wirtschaftsminister Ludwig Erhard (Sonderheft BlPMZ zur Eröffnung, 1.12.1949).

„Damit hat eines der traurigsten Kapitel der Nachkriegsgeschichte seinen Abschluss gefunden“, schrieb die SZ zur Eröffnung. „Viereinhalb Jahre nachdem alle deutschen Auslandspatente beschlagnahmt und alliierte Spezialkommandos auch den allerletzten Schleier über Patente und Forschungsgeheimnisse gelüftet haben, warten über 60 000 neue Patentschriften in München auf Bearbeitung.“ (…) Deutsche Erfinder werden nach viereinhalb Jahren vollständiger Rechtsunsicherheit ihre Arbeiten wieder mit ruhigem Gewissen aus der Schublade hervorholen, anmelden und patentieren lassen können.“

Und so kam es auch: „Wir können uns nicht retten vor Arbeit“, zitierte die SZ Präsident Reimer. „Es sieht nicht so aus, als ob die Flut der Anmeldungen nachließe. Offenbar wachsen die Erfinder in Deutschland auf den Bäumen“ (SZ 27.9.1949).

"Europas Patenthauptstadt"

Heute beherbergt München mit dem DPMA nicht nur das größte nationale Patentamt Europas, sondern auch das Europäische Patentamt, das Bundespatentgericht, die Patentanwaltskammer sowie etliche große und kleinere Patentanwaltskanzleien und das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb.

„München ist ohne Zweifel Europas Patenthauptstadt. Für die Innovationskraft der deutschen und europäischen Wirtschaft spielt die Stadt damit eine absolute Schlüsselrolle“, sagte DPMA-Präsidentin Cornelia Rudloff-Schäffer anlässlich des Jubiläums. „Für uns als große Bundesbehörde und Dienstleister für die Wirtschaft ist München ein idealer Standort.“

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Bilder: Deutsches Museum, Fotoarchiv Werra-Kalibergbau-Museum Heringen, DPMA, Deutsches Museum, Deutsches Museum, DPMA, Deutsches Museum, DPMA, Deutsches Museum

Stand: 02.02.2023