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100 Jahre Projektionsplanetarium
DE391036
Der Griff nach den Sternen
Das DPMA gratuliert seinem Münchner Nachbarn, dem Deutschen Museum: Vor 100 Jahren, am 21. Oktober 1923, wurde dort das weltweit erste Projektionsplanetarium vorgestellt. Erfinder des künstlichen Sternenhimmels war Walther Bauersfeld, der 1922 seine „Vorrichtung zum Projizieren von Gestirnen auf eine kugelförmige Projektionswand“ zum Patent anmeldete ( DE391036 (1,15 MB)).
Oskar von Miller, der Gründer und erste Direktor des bis heute größten technischen Museums der Welt, hatte sich bereits 1913 an die Firma Carl Zeiss in Jena gewandt. Ihm schwebte eine Art „drehbare Sternenkugel“ vor.
Postergalerie der Erfindungen
Das erste Projektionsplanetarium ist auch mit einem eigenen Poster (1,1 MB) in der Galerie der Erfindungen vertreten, das beim DPMA bestellt werden kann.
„Planetenmaschinen“, auch „Orrery“ genannt (nach einem englischen Earl, der 1713 eine erhielt), existieren bereits seit Jahrhunderten. Sogar in der Antike gab es schon Apparate zur Berechnung von Sternenkonstellationen wie den Mechanismus von Antikythera. Aber eine authentische Simulation des dynamischen Sternenhimmels war eine ganz neue Idee. Während in einer Sternwarte der Blick in die Gestirne stark wetterabhängig ist und nur die aktuelle Konstellation zeigt, sollte das Planetarium den ungetrübten Blick ins All von verschiedenen Standorten und Zeiten sowie die Bewegungen der Planeten simulieren.
Wilhelm Bauersfeld, 1879 in Berlin geboren, hatte nach seinem Maschinenbau-Studium zunächst an Flugzeugmotoren gearbeitet, ehe er 1908 einer der Geschäftsführer bei Carl Zeiss in Jena wurde. Als von Miller sich an Zeiss wandte, stürzte Bauersfeld sich in die Arbeit. Zunächst dachte man über eine von Außen beleuchtbare Halbkugel mit Löchern für die Sterne nach. Aber dann entstand das Konzept, mit Projektionen zu arbeiten.
Doppelte Erfindung
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges griffen Bauersfeld und der Bauingenieur Franz Dischinger die Arbeit an dieser Idee wieder auf. Zunächst galt es, eine geeignete Kuppel zu schaffen. Sie entwickelten ein Bauverfahren für stützenfreie Dachschalen aus Beton, das heute „Zeiss-Dywidag-System“ genannt wird und ein Vorläufer der Spritzbeton-Bauweise war. Zeiss meldete dieses Konstruktionsprinzip als „Pfettenloses Eisenbeton-Tonnendach“ zum Patent an ( DE431629).
Bauersfeld, der auch als Professor an der Universität in Jena lehrte, konstruierte parallel das komplexe technische Herz des Planetariums. Die Patentschrift verdeutlicht das Prinzip: Den künstlichen Nachthimmel mit etwa 4500 Sternen erzeugen mehrere um den Kuppelmittelpunkt angeordnete Projektionseinrichtungen. Während der Fixsternhimmel um die Weltachse rotiert, simulieren separate Mechaniken die Bewegung von Sonne, Mond und Planeten.
Dieser weltweit erste Planetariumsprojektor wurde zwischen März 1919 und Juli 1923 in Jena entwickelt und gebaut. Im gleichen Jahr wurde er in München der Öffentlichkeit vorgestellt – aber zunächst nur kurz. Nach ein paar Probevorführungen ging es zurück nach Jena. Erst am 7. Mai 1925 nahm das Projektionsplanetarium dauerhaft seinen Betrieb im Deutschen Museum auf.
Der erste Projektor ist heute selbst ein technikgeschichtliches Ausstellungsobjekt. Sein aktueller Nachfolger, der Zeiss-Skymaster ZKP4, zeigt den Planetariumsgästen nicht nur einen perfekten Münchner Nachthimmel, sondern kann beispielsweise auch die Sterne über jedem beliebigen Punkt der Erde, oder zu einem Zeitpunkt vor 1000 Jahren, oder eine Konstellation in ferner Zukunft simulieren. Der Lichtfaser-Sternenprojektor ermöglicht sogar virtuelle Reisen bis an die Milliarden Lichtjahre entfernte Grenze des beobachtbaren Universums.
Bauerfeld half nach dem Zweiten Weltkrieg beim Aufbau der westdeutschen Zeiss-Werke in Oberkochen und lehrte an der TH Stuttgart. Er starb 1959. Weltweit gibt es heute tausende Projektionsplanetarien. Das Münchner Planetarium ist bis heute eine wichtige Attraktion des Deutschen Museums, das dessen Jubiläum derzeit mit einer Sonderausstellung feiert.
Text: Dr. Jan Björn Potthast; Bilder: DEPATISnet, Deutsches Museum, Deutsches Museum/Reinhard Krause
Stand: 09.04.2024
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