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Technik und Perspektiven
Mobilität der Zukunft - Made in Germany
Teil 1: Technik und Perspektiven
Warum ist autonomes Fahren einer der wichtigsten Technik-Trends der letzten Jahre? Welche Hoffnungen verbinden sich damit?
Die Zahl der nationalen Patentanmeldungen (und der PCT-Anmeldungen in der nationalen Phase) rund um das autonome Fahren hat seit 2010 ständig zugenommen und sich seither mehr als verdreifacht. Die weitaus meisten dieser Anmeldungen kommen aus dem Bereich der Assistenzsysteme für die Antriebssteuerung.
2019 kamen 43 Prozent aller Patentanmeldungen rund um das autonome Fahren, die bei DPMA und EPA eingereicht wurden, von deutschen Unternehmen. Das unterstreicht die Führungsrolle der heimischen Ingenieure beim Thema autonomes Fahren .
Was ist autonomes Fahren?
„Autonomes Fahren“ bedeutet das selbstständige, zielgerichtete Fahren eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr ohne den Eingriff einer fahrzeugführenden Person. Dabei kann das Fahrzeug mit Hilfe verschiedener Sensoren seine Umgebung wahrnehmen und aus den gewonnenen Informationen sowohl seine eigene Position als auch die Position anderer Verkehrsteilnehmer bestimmen. Die Reaktion des Fahrzeugs erfolgt dann über Algorithmen und daran geknüpfte Aktionen – ohne die Einwirkung eines Menschen.
Der mit großem Abstand häufigste Anmelder der letzten Jahre war die Robert Bosch GmbH, die auch 2019 wieder deutlich an der Spitze lag. Dahinter folgen Ford, BMW, Daimler und GM.
Es gibt wichtige Gründe, warum Wirtschaft und Staat auf das autonome Fahren setzen sollten:
- Energieeffizienteres Fahren
- Mobilität im Alter
- Mehr Verkehrssicherheit
- Besserer Verkehrsfluss
Die Stufen der Automatisierung
Es gibt verschiedene Stufen der Automatisierung des Fahrens (nach der Definition des Deutschen Bundestages):
Beim herkömmlichen Autofahren (Stufe 0) führt die Fahrerin oder der Fahrer alle Fahrfunktionen selbst aus, auch wenn unterstützende Systeme wie ABS vorhanden sind.
Beim „assistierten Fahren“ (Stufe 1) helfen bestimmte Assistenzsysteme beim Fahren, beispielsweise ein Abstandsregeltempomat.
Von „teilautomatisiertem Fahren“ (Stufe 2) spricht man, wenn viele Funktionen wie Einparken, Spurhalten, Beschleunigen oder Abbremsen vom System übernommen werden, etwa vom Stauassistenten. Der Fahrer muss die Systeme und das Fahrzeug aber ständig im Blick behalten.
Beim „hochautomatisierten Fahren“ (Stufe3 ) kann sich der Fahrer anderen Dingen zuwenden, während das System selbständig viele Fahrleistungen wie Bremsen, Lenken, Spurwechsel oder Überholen durchführt. Bei Bedarf kann er aber – wenn es erforderlich ist – vom System aufgefordert werden, die Führung zu übernehmen.
Ist das System jedoch in der Lage, auch ohne Eingreifen das Fahrzeug selbständig aus jeder Ausgangssituation in einen „risikominimalen Systemzustand zurückzuführen“ (beispielweise indem es das Auto auf dem Seitenstreifen zum Stillstand bringt), spricht man vom „vollautomatisierten Fahren“ (Stufe 4). Wenn die Fahraufgaben vom System nicht mehr bewältigt werden können, kann es den Fahrer auffordern, die Führung zu übernehmen.
Die fünfte und höchste Stufe ist schließlich das echte „autonomen Fahren“: Das Fahrzeug hat keinen Fahrer mehr, sondern nur noch Passagiere. Abgesehen vom Festlegen des Zieles und Starten des Systems ist kein menschliches Eingreifen mehr erforderlich.
Schwerpunkte der Entwicklung
Viele der großen Autohersteller weltweit investieren seit einigen Jahren in die Entwicklung autonomer Fahrzeuge, wie die Zahl der Patentanmeldungen eindrucksvoll zeigt. Die Leistungsfähigkeit der Sensoren und die Datenverarbeitung in den Steuergeräten wird stetig verbessert. Einige Hersteller kündigten an, voll autonome Fahrzeuge bis 2021 auf den Markt zu bringen.
Ein Kernthema ist die Vernetzung: Durch „car-to-car“-Kommunikation werden Fahrzeuge im Verkehr miteinander verbunden. „Car-to-infrastructure“ bezieht externe Einrichtungen wie Ampeln, Verkehrsleitsysteme und Überwachungsanlagen in den Datenaustausch mit ein. Beides zusammen soll den Verkehrsfluss erheblich verbessern, denn vernetzte Autos können sich automatisiert viel gleichmäßiger fortbewegen als gelenkt von Individuen mit oft erheblichen Unterschieden in Bezug auf Aufmerksamkeit, Temperament, Ortskenntnis oder Fahrvermögen.
Verbesserter Verkehrsfluss ist ein gewichtiges Argument für automatisiertes Fahren: Die Zahl der Staus auf deutschen Fernstraßen hat sich seit 2010 mehr als verdreifacht! Pendlern beispielsweise in der Stauhochburg Stuttgart gehen jährlich 84 Stunden ihres Lebens im Stau verloren.
Fließender Verkehr spart im Vergleich zu Stop-and-go außerdem viel Kraftstoff, was auch der Umwelt zugute kommt.
Vorausschauendes Fahren
Die Zahl der Verkehrstoten sinkt bereits seit Jahren – vor allem dank technischer Verbesserungen. Viele verfügbare Fahrsicherheits- und Fahrerassistenzsysteme, wie zum Beispiel ABS (Antiblockiersystem), ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm) oder der Abstandsregeltempomat (ACC, Adaptive Cruise Control) sind wertvolle Helfer und haben eine hohe Akzeptanz als Unterstützer im Straßenverkehr erreicht. Sie sorgen in kritischen Situationen für Stabilität oder halten automatisch Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug.
Dieses vorausschauende Fahren ist ein weiteres Kernthema: Fahrerassistenzsysteme müssen das Umfeld in allen Richtungen erfassen können. Von unterschiedlichen Sensoren wie Radar, Kameras oder Ultraschall empfangen sie Daten und Informationen, um ein möglichst vollständiges Bild der Umgebung in Echtzeit zu erhalten.
Etliche neue Patentanmeldungen widmen sich der Verbesserung der Fahrer-Fahrzeug-Schnittstelle: Bei nachlassender Aufmerksamkeit, Müdigkeit oder gesundheitlichen Problemen können die Assistenzsysteme Gegenmaßnahmen ergreifen. Derzeit sind 90 Prozent aller Verkehrsunfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen. Wie viele Unglücke ließen sich also in Zukunft vermeiden!
Künftig werden Assistenzsysteme das Fahrverhalten analysieren können, um ein Profil des Fahrers zu erstellen und das Fahrverhalten des autonomen Autos auf seine Intentionen abzustimmen. Die Analyse von Bewegungsmustern wird die Vorhersage des Verhaltens anderer Verkehrsteilnehmer ermöglichen, was insbesondere im Hinblick auf den Schutz von Fußgängern bedeutsam ist.
Ein weiteres Kernthema ist die Ausfallsicherheit: Ein Fahrzeug, das seine Funktionsfähigkeit ständig selbst überprüft und eigenständig Maßnahmen einleitet, um Fehler und Ausfälle zu vermeiden, verbessert seine eigene Sicherheit erheblich.
Akzeptanz bleibt ausbaufähig
Eine Hürde, die es jedoch noch zu nehmen gilt, ist die Akzeptanz: Einer Umfrage zufolge sind 27 Prozent der Befragten noch unter keinen Umständen bereit, die Kontrolle über ihr Fahrzeug abzugeben. Hohe Akzeptanz besteht aber bereits für Einparksysteme und für Autopiloten im Stau auf der Autobahn. Die Bereitschaft, die Kontrolle im Straßenverkehr vollständig an den Autopiloten abzugeben, ist derzeit unter den Befragten noch sehr gering. Aber das wird sich bei der rasant fortschreitenden technischen Entwicklung sicherlich sehr bald ändern.
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Erfinderaktivitäten
Siehe zu diesem Thema auch den lesenswerten Beitrag " Autonome Straßenfahrzeuge (5,37 MB)" in der aktuellen Ausgabe unserer Zeitschrift "Erfinderaktivitäten". Anhand von Beispielen aus der Patentliteratur gibt er einen Überblick über
die Entwicklung auf dem Gebiet des autonomen Fahrens im Straßenverkehr.
Bilder: iStock.com/Morrison1977, iStocj.com/d1sk
Stand: 09.04.2024
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