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Bier

Zeichnung aus Patentschrift

DE102010030284B4

1842: Das erste „Pils“ wird gebraut

Am 5. Oktober 1842 wurde der erste Biersud nach einer Methode hergestellt, die seither als Pilsner Brauart weltberühmt ist. Joseph Groll, ein Braumeister aus dem niederbayerischen Vilshofen, war nach Pilsen gerufen worden, weil die Bürger der Stadt mit ihrem Bier unzufrieden waren. Es heißt sogar, sie hätten aus Protest einige Fässer auf dem Marktplatz ausgeschüttet. Ein ungeheurer Vorgang – noch dazu im bierseligen Böhmen!
Man hatte bis dahin in Pilsen traditionell obergärig gebraut. Im benachbarten Bayern war dagegen untergäriges Bier schwer im Kommen, das länger haltbar war, aber auch nur bei kalten Temperaturen gebraut werden konnte. Joseph Groll hatte schon von seinem Vater die untergärige Brauweise gelernt. Man musste dazu in der Lage sein, die Gärbottiche dauerhaft auf 4 bis 9 Grad abzukühlen. Das gelang durch Eis, das man im Winter abbaute und in tiefen Kellern oder Höhlen einlagerte, die dann selbst im Sommer kalt blieben.
Vor Groll soll Pilsner Bier dunkel und trüb (und offenbar nicht sehr lecker) gewesen sein. Sein neuer Sud hingegen war klar und hell, ja goldgelb dank des nur leicht und schonend gedarrten Malzes, außerdem schön herb und haltbar wegen der starken Hopfung. Nach einem Monat Lagerung wurde das Bier, das Groll „Urquell“ nannte, erstmals in drei Gasthöfen in Pilsen ausgeschenkt. Die Gäste waren begeistert. Damit begann der Welterfolg des „Pils“, des untergärigen Bieres nach Grolls bayerischer Brauweise, die erst viel später „Pilsner Brauart“ genannt wurde.
Übrigens wurde Grolls Vertrag trotz des Erfolges nach drei Jahren nicht verlängert. Er kehrte nach Vilshofen zurück, wo er 1887 starb. Pilsen holte sich aber noch jahrzehntelang seine Brauer stets aus Bayern. Heute gehört das „Pilsner Urquell / Plzeňský Prazdroj“, das in mehr als 50 Ländern erhältlich sein soll, einem japanischen Unternehmen.

Bierernst betrachtet: Gerstensaft und Schutzrechte

Alle Jahre wieder geht es rund auf der Münchner Theresienwiese: Das Oktoberfest, auch Wies´n genannt (oder - sehr despektierlich - "Die Inter-Suff") findet statt. Endlich wieder „O´zapft is!“, volle Zelte, Hendl, Fahrgeschäfte (und Viren)! Und natürlich sehr, sehr viel Bier. Werfen wir hier einen Blick auf die Schutzrechte rund um ein uraltes Kulturgut, das ständig weiterentwickelt wird.

Josef Groll

Josef Groll braute 1842 das erste "Pilsner"

Teilnehmen dürfen am Oktoberfest nur die Brauereien aus München. Obwohl Brauereien im allgemeinen sehr viel Wert auf ihre Traditionen legen, steckt heute modernste Technik hinter einem der ältesten Getränke der Menschheit. Das älteste Braurezept ist rund 5000 Jahre alt, aber der Herstellungsprozess wird technisch ständig optimiert. Das zeigt nicht zuletzt die Zahl von Patentanmeldungen rund um den Brauprozess, die beim DPMA eingehen. Zu den neueren Anmeldungen gehört beispielsweise pdf-Datei DE102018130010A1,die eine Erhöhung der Auslaugwirkung der Maische erzielen will (auch pdf-Datei WO002020109142A1 (1,17 MB)).

Max Liebermann, "Münchner Biergarten" (1883)

Max Liebermann, "Münchner Biergarten" (1883)

pdf-Datei DE102019118935A1 schlägt ein Brauverfahren für ein untergäriges, helles Vollbier vor, das einen "wesentlich höheren Gehalt an Mineralstoffen" bewirken soll. Holzpartikel als Brauzusatz schlägt pdf-Datei DE102018124768B3 vor, um die Geschmacksnoten eines im Holzfass gelagerten Bieres zu erreichen.

Auch für das Zubehör rund um das Bier gibt es immer neue Ideen, etwa "Hülse, Zapfhahn und Behälter für ein Getränk" ( pdf-Datei DE102021200420A1) oder eine "Vorrichtung zur effizienten Kühlung in Brauereien" ( pdf-Datei WO002019048662A1 (1,56 MB)).

Denn obwohl bereits die alten Sumerer und Ägypter Bier brauten, obwohl schon die Kelten verschiedene Sorten kannten und obwohl das Bayerische Reinheitsgebot bereits 500 Jahre alt ist – immer noch wird fleißig daran gearbeitet, die Bierherstellung zu verbessern.

Neue Erfindungen rund um das Brauen

Trachtenumzug in München

Trachtenumzug zum Oktoberfest in München (2018)

Ein Beispiel ist das „Verfahren zur zeitoptimierten Reifung von Bier, das für den Export nach Übersee bestimmt ist“ ( pdf-Datei DE102016006270A1): mit Hilfe spezielle Transportcontainer reift das Bier an Bord des Transportschiffes. Die Brauerei kann ihr Jungbier so schneller auf den Weg nach Übersee bringen.

Das Auge trinkt mit: Vielen Bierkennern ist eine schöne Schaumkrone wichtig. Daher schlägt pdf-Datei DE102010030284B4 ein „Verfahren und Anordnung zur Stabilisierung des Schaumbildes von Bier“ vor.

Ein wichtiger Trend der letzten Jahre ging zum alkoholfreien oder -armen Bier, an dessen geschmacklicher Optimierung weiterhin getüftelt wird, beispielsweise mit dem "Verfahren zur Herstellung eines alkoholreduzierten oder alkoholfreien Bieres" ( pdf-Datei DE102019007067A1).
Im Jahr 2021 wurden hierzulande gut 411 Millionen Liter alkoholfreies Bier produziert. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, ist die Produktionsmenge von alkoholfreiem Bier damit in den vergangenen zehn Jahren um 74,1 % gestiegen.

Immer weniger Bierdurst in Deutschland

Zeichnung aus Schutzrechtsdokument

"Vorrichtung zum Brauen", DE102018130010A1

Die deutschen Brauereien haben 2021 insgesamt rund 8,5 Milliarden Liter Bier abgesetzt. Laut (externer Link Destatis) sank damit der Bierabsatz gegenüber dem Vorjahr um 2,2 % beziehungsweise 187,7 Millionen Liter. Bereits 2020 war der Bierabsatz um 5,5 % gegenüber dem Vorjahr gesunken.

Langfristig betrachtet geht der Bierabsatz in Deutschland seit Jahren kontinuierlich zurück. Seit 1993 hat sich die Menge des abgesetzten Bieres insgesamt um 2,7 Milliarden Liter oder 23,9 % verringert.

Dagegen wuchs der Export von Bier weiter leicht an. Besonders die Bayern exportieren viel von ihrem "flüssigen Brot": Fast ein Viertel der bayerischen Bierproduktion geht ins Ausland.

„Bayerisches Bier“ (312012000102.4) ist übrigens ebenso wie das "Münchener Bier" (302009000100.5) beim DPMA als geografische Herkunftsangabe geschützt und kann daher ähnlich wie Parma-Schinken oder Champagner als regionale Spezialität vermarktet werden.

Wer verträgt am meisten?

Logo der erloschenen Biermmarke "Münchner Schlossbräu"

Erloschene Biermarke "Münchner Schlossbräu" (DE 457803)

2021 tranken die Deutschen laut Destatis im Schnitt nur noch etwa 84 Liter Bier pro Kopf und Jahr (zwei Jahre vorher waren es noch knapp 92 Liter!). Damit liegen sie aber immer noch ganz weit vorne im internationalen Vergleich. Spitzenreiter sind seit Jahren aber die Tschechen: Obwohl auch dort der Konsum rückläufig ist, lagen sie mit durchschnittlichen 135 Litern Bier pro Kopf 2021 weltweit weiter klar an der Spitze.

An der Spitze liegt Deutschland - und besonders Bayern - aber in Punkto Vielfalt: Es soll rund 6000 verschiedene deutsche Biersorten geben – Tendenz stark steigend. Das bedeutet, man könnte 16 Jahre lang jeden Tag ein anderes deutsches Bier probieren. Sucht man in DPMAregister nach allen Marken aus dem Bereich „Bier“, erhält man über 80.000 Treffer! Viele Biermarken sind erloschen (etwa das „Münchner Schlossbräu“), aber es kommen auch ständig neue hinzu. Beispiele sind etwa die DE-Marken 3020221087405 oder 3020222166198.

Über 1500 Brauereien in Deutschland!

Logo der erloschenen Biermarke "Reichelbräu Kulmbach"

Erloschene Biermarke "Reichelbräu Kulmbach" (Reg.-Nr. DD602666)

Die Covid-Pandemie machte besonders den kleinen Brauereien schwer zu schaffen; einige mussten schließen. 2021 gab es in Deutschland immer noch 1512 Brauereien. Der größte Teil davon, nämlich 631, war in Bayern ansässig.

Neben dem Internationalen Tag des Bieres, der seit 2008 jeden ersten Freitag im August weltweit gefeiert wird, gibt es auch einen externer Link Tag des deutschen Bieres. Er wird am 23. April begossen, um an den Erlass der "Bayerischen Landesordnung" von 1516 zu erinnern, die festlegte, was in München schon seit 1447 galt: dass nur Hopfen, Gerste und Wasser ins Bier gehören – die Geburt des Reinheitsgebots. Prost!

Bilder: DEPATISnet, DPMAregister, unbekannter Fotograf / Public domain via Wikimedia Commons, Max Liebermann / Public domain via Wikimedia commons, www.bayern.de

Stand: 27.09.2024