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Paul McCartney

Paul McCartney, 2018

"Macca" in Aktion, 2018

Der Beatle und sein Bass

McCartney kündigt neues Beatles-Lied an

Kurz vor seinem 81. Geburtstag am 18. Juni 2023 kündigt Paul McCartney einen „allerletzten“ Beatles-Song an. Aus einem Tonband mit Song-Fragmenten, die John Lennon in den 1970ern aufgenommen hatte, wurde mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz dessen Stimme herausgefiltert und von Nebengeräuschen befreit. Daraus bastelte Sir Paul nun einen neuen Lennon/McCartney-Song, der bald veröffentlicht werden soll. Gerüchteweise handelt es sich dabei um das Lied „Now and then“. Ähnlich waren die verbliebenen Ex-Beatles Mitte der 1990er Jahre vorgegangen, als sie anlässlich der Veröffentlichung der „Anthology“ zwei Song-Fragmente aus Lennons Demo-Tapes bearbeiteten und veröffentlichten. Angeblich soll damals auch schon mit „Now and then“ experimentiert worden sein, aber die Qualität der Aufnahme war zu schlecht. Heute hat man auch dank KI ganz andere technische Möglichkeiten. Man darf also gespannt sein auf dieses letzte Lied der legendären Beatles!

Bei diesem Jubilar gehen einem die Superlative aus. Um es kurz zu machen: Paul McCartney ist – drunter geht es nicht – das größte musikalische Genie des Pop-Zeitalters.

Eine Begabung wie McCartney wäre wohl auf jeden Fall ein Star geworden. Aber dass er sich Ende der 1950er Jahre mit ein paar anderen Liverpoolern zusammenfand, die sich ebenfalls als veritable Rock-Genies entpuppten, war nun wirklich eine glückliche Fügung. Die Combo wurde die berühmteste, bis dahin erfolgreichste und (für viele) auch beste Band aller Zeiten. Sie hält auch über ein halbes Jahrhundert nach ihrer Trennung noch ein paar Verkaufsrekorde.

Der Name der Band? „The Quarrymen“. So hieß John Lennons Schülerband, der McCartney beitrat. Sie wurde dann ein paar Mal umbenannt und umbesetzt. Mit George Harrison stieß ein großartiger Lead-Gitarrist und lange Zeit unterschätzter Songwriter dazu.

Als nach harten Lehrjahren in Liverpool und Hamburg ein Plattenvertrag näher rückte, feuerten die drei noch ihren Schlagzeuger Pete Best und holten Ringo Starr. Die Beatles – denn so hieß die Band inzwischen - waren komplett. Der Rest ist Geschichte.

Fast 50 Alben alleine

Beatle Paul, 1964

Beatle Paul mit Violin-Bass, 1964

Aber die musikalische Reise ging auch nach der Trennung der „Fab Four“ 1970 weiter. Paul McCartney hat seither fast 50 Alben veröffentlicht, darunter allein 19 Soloalben, diverse Platten mit seiner Band „Wings“, Live-Alben, mehrere klassische Projekte wie das Oratorium „Ecce cor meum“ und ein Ballett oder Elektro-Experimente unter dem Pseudonym „The Fireman“.

Über Sir Paul (1997 von der Queen geadelt) gäbe es unendlich viel zu schreiben. Wir nähern uns dem Thema selbstverständlich aus Schutzrechts-Perspektive. Und dazu nehmen wir McCartneys Hauptinstrument ins Visier: seinen Bass.

Eigentlich spielte McCartney bei den Beatles Gitarre, mitunter auch Klavier. Als aber Bassist Stuart Sutcliffe 1961 in Hamburg die Band verließ, musste er seinen Platz einnehmen. McCartney sah sich am Jungfernstieg nach einem Instrument um.

„Einen Fender konnte ich mir nicht leisten“, erinnerte er sich später. „Aber da war dieser ziemlich preiswerte Bass“: der „Höfner 500/1“, wegen seiner klassischen Form auch Violin-Bass genannt, kostete damals bezahlbare 287 Mark.

Leichtigkeit und Symmetrie

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Im Gegensatz etwa zu Jimi Hendrix, der einfach eine umgedrehte Rechtshänder-Gitarre spielte, legte McCartney Wert auf die Optik: „Ich fand, dass er bei mir als Linkshänder aufgrund seiner Symmetrie besser aussah“. Außerdem war er begeistert vom niedrigen Gewicht und der guten Bespielbarkeit des Instruments. Der Höfner-Bass wurde sein Lieblingsinstrument und als „Beatles-Bass“ weltberühmt.

Der 500/1 Bass besitzt – wie die klassischen Streichinstrumente, deren Form er zitiert – einen Resonanzkörper aus Ahorn mit einer Decke aus Fichtenholz, allerdings ohne Schalllöcher. Der Ton wird von zwei „Humbuckern“ abgenommen. Dieser Typ von zweispuligen Pickups wurde durch ein grundlegendes Patent des US-Gitarrenherstellers Gibson bekannt ( pdf-Datei US2896491A). In Gitarristenkreisen heißen diese Gibson-Tonabnehmer noch heute „PAFs“, weil sie in den ersten Jahren die Aufschrift „P.A.F. – Patent applied for“ trugen.

Die Innovation im „Beatles-Bass“

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Höfner, das Traditionsunternehmen aus Bubenreuth, hatte zwar 1957 auch ein eigenes „Tonabnehmer-Aggregat für Zupfinstrumente“ mit zwischengeschaltetem Transistor zum Gebrauchsmuster angemeldet ( pdf-Datei DE1742639U), aber dieser Pickup kam im Violin-Bass nicht zum Einsatz.

Eine Besonderheit des E-Basses sind die drei Schieberegler, über die er neben den beiden Potentiometern für die Lautstärkeregelung der Tonabnehmer verfügt. Die technische Grundlage dafür beschreibt das Gebrauchsmuster pdf-Datei DE1788259U, das Höfner 1958 anmeldete:

„Bei dem Potentiometer kann die elektrische Ausrüstung vollkommen ausgeschaltet und bei Beginn des Spielens auf die gewünschte äußerste Lautstärke eingestellt werden, das heißt also, auf jene Lautstärke, welche der Musiker beim Solospiel wünscht. Beim Rythmusspiel, also bei hörbarer Begleitmusik bedient er einen der der Platte eingelegten (sic) drei Schiebeschalter, welcher bewirkt, daß die eingestellte volle Lautstärke je nach Bedarf vermindert wird. Außerdem kann der Spieler, gleichviel, ob er auf Rhythmus- oder Solospiel musiziert, die Klangfarbe verändern und zwar durch einen Schiebeschalter auf hell und durch den nächsten Schiebeschalter auf dumpf. Diese beiden Schiebeschalter beschneiden entweder die unteren oder die oberen Tonfrequenzen, so daß das Instrument im ersteren Fall hell klingt und die hohen Töne besonders gut wiedergibt und im weiten Falle dumpf klingt und besonders die Bässe hervorgehoben werden.“

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Logo von McCartneys Firma MPL (000607309)

Höfner brachte in diesen Jahren mit einigen Neuerungen den Instrumentenbau voran, etwa „Tonschwingungsregler für Zupfinstrumente“, mit dem sich direkt am Instrument ein Vibrato-Effekt zuschalten ließ ( pdf-Datei DE1806362U). Eine „Vorrichtung zur Erzeugung räumlicher Höreindrücke bei Zupfinstrumenten“ sah zwei möglichst weit voneinander entfernt angebrachte Tonabnehmer auf der Instrumentendecke und einen Tandemregler vor, der die Tonfrequenzspannung zu gleichen Teilen zusammenmischt. Somit werde „ein räumlicher Höreindruck von ganz besonderer Wirkung erzielt“ ( pdf-Datei DE1806844U).

Diese Neuerung wurde auch am Violin-Bass eingesetzt. McCartney kaufte sich 1963 – da waren die Beatles bereits weltberühmt - einen weiteren Höfner-Bass mit dieser Modifizierung. Er wurde sein neues Hauptinstrument und blieb es (mit Unterbrechungen) bis heute. Noch immer kann man beide auf der Bühne in Aktion erleben.

Der verlorene Bass

McCartney-Patent WO001995014987A1

McCartney-Patent WO001995014987A1

Der erste Bass aber – der, den er in Hamburg gekauft hatte – wurde sein Reserveinstrument und kam nur noch sporadisch zum Einsatz. Dieser Bass verschwand 1969 während der Aufnahmen für das „Get back“-Filmprojekt, das 2021 in der Bearbeitung von Starregisseur Peter Jackson veröffentlicht wurde; er ist darin auch zu sehen.

Dieser gestohlene Höfner-Bass ist das vielleicht berühmteste verschollene Instrumente der Rockgeschichte (neben Eric Claptons „Beano“-Gibson Les Paul, die 1966 verschwand). Wer ihn suchen möchte: der Hersteller beschreibt den Bass auf seiner externer Link Internetseite detailliert. Sachdienliche Hinweise zum Verbleib bitte an Höfner oder Sir Paul. Der heutige Wert dieses Instruments lässt sich kaum schätzen.

„Macca“ scheint sich auch selbst als Instrumentenbauer betätigt zu haben. Zumindest wird in einer Patentanmeldung von 1994 ein Paul McCartney, London, neben zwei Russen als Autor genannt: „Plucked string instrument and method of tuning such instruments“ ( pdf-Datei WO001995014987A1 (0,97 MB)). Darin wird ein vielsaitiges Instrument mit der Form einer klassischen Gitarre beschrieben. Näheres dazu ist uns leider nicht bekannt.

McCartney und die Marken

Beatles-Denkmal in Obertauern

Beatles-Denkmal in Obertauern, wo Teile des Films "Help!" gedreht wurden.

Sir Paul gilt auch als geschäftstüchtiger Unternehmer in eigener Sache. Deshalb arbeitet er intensiv mit gewerblichen Schutzrechten. „Paul McCartney“ wurde 1998 als Wortmarke angemeldet (EM 000907972), sein Spitzname „Paul Macca“ 2001 (EM002469245), 2006 auch der bloße Nachname „McCartney“ (EM 005032917). Rechteinhaber ist seine Firma MPL Communications in London, die der Beatle bereits 1969 gegründet hatte (EM 000607309).

Seine 1998 verstorbene Frau Linda war wie Paul engagierte Vegetarierin und trat u.a. mit Rezepten in die Öffentlichkeit. Vor diesem Hintergrund sind wohl die erloschenen MPL-Marken „MacVege“ (EM 000207373) und „ProMac“ (EM 000572727) zu verstehen. Es gab auch eine deutsche Wort-Bild-Marke „Linda McCartney“ (DE 2911930).

Die bisher jüngsten MPL-Marken sind Ausdruck dessen, was der vielseitige Sir Paul noch so treibt – nämlich Kinderbücher schreiben. Hauptfigur ist der rockige Opa „Grandude“ (EM 015552979, EM 015989809).

Alleskönner im „Rockdown“

EM-Marke 004379772

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Sein bisher letztes Soloalbum heißt „McCartney III“, da es das mittlerweile dritte Album ist, das er komplett alleine aufgenommen und alle Instrumente darauf selbst eingespielt hat. Dieses Mal allerdings eher als Notlösung, entstand es doch im „Rockdown“, wie er die Pandemie-bedingte Ausgangssperre nannte. Das Album toppte die Charts – außergewöhnlich für einen fast 80jährigen, beinahe normal für einen Superlativ-Künstler wie „Macca“.

Der Multiinstrumentalist verärgerte schon zu Beatles-Zeiten manchmal Drummer Ringo, weil er sich gelegentlich ans Schlagzeug drängelte (zu hören etwa bei „Back in the USSR“). Jedenfalls darf man sich immer noch weitere musikalische Großtaten von ihm erwarten. Happy birthday, Sir Paul!

Text: Dr. Jan Björn Potthast; Bilder: Raph_ph CC by 2.0 via Wikimedia Commons, Beatles Vara 1964 wiki.beeldengeluid.nl CC by SA3.0 NL via Wikimedia Commons, DEPATISnet, JB Potthast/DPMA, DPMAregister

Stand: 06.07.2023