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Nobelpreise 2021: Klima und Katalyse
Nobelpreisträger für Physik 2021: Syukuro Manabe, Klaus Hasselmann und Giorgio Parisi (Zeichnungen von Niklas Elmehed)
Zwei deutsche Forscher ausgezeichnet
Zwei deutsche Nobelpreisträger in einem Jahr – das gab es lange nicht mehr. 2021 ist ein äußerst erfolgreiches Jahr für Wissenschaft und Forschung in der Bundesrepublik, wenn es nach der Akademie in Stockholm geht. Die beiden deutschen Preisträger in den naturwissenschaftlichen Disziplinen sind Klaus Hasselmann (Physik) und Benjamin List (Chemie).
Es gibt also etwas zu feiern für den oft kritisierten Wissenschaftsstandort Deutschland, wenn kommende Woche die Nobelpreise überreicht werden. Beide deutschen Preisträger sind bzw. waren unter dem Dach der Max-Planck-Gesellschaft aktiv. Auf stolze 22 Preisträgerinnen und Preisträger aus ihren Reihen kann die MPG nun bereits zurückblicken (zählt man ihre Vorläuferinstitution, die "Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft", mit, sind es sogar 29 Gewinner).
Der Klimaforscher Klaus Hasselmann (89) war Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg. Er hat unter anderem ein Modell entwickelt, wie kurzfristige Wetterphänomene und langfristige Entwicklungen des Klimas zusammenhängen. Er zeigte, warum Klimamodelle trotz rascher Wetterschwankungen zuverlässige Vorhersagen liefern können – und wie der Mensch das Klima beeinflusst.
"Verborgene Muster im Klima"
Den Nobelpreis für Physik erhielt er nun "für bahnbrechende Beiträge zum Verständnis komplexer Systeme". Hasselmann teilt sich eine Hälfte des Preises mit Syukuro Manabe (Princeton), und zwar "für die physikalische Modellierung des Erdklimas, die Quantifizierung von Schwankungen und die zuverlässige Vorhersage der globalen Erwärmung", wie die Akademie mitteilte. Hasselmann und Sanabe wiesen mit ihrer Arbeit den Zusammenhang zwischen dem Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre und der Erderwärmung nach.
Die andere Hälfte geht an Giorgio Parisi (Universität Rom) "für die Entdeckung des Zusammenspiels von Unordnung und Fluktuationen in physikalischen Systemen von atomaren bis zu planetarischen Größenordnungen". Die Akademie würdigte seine "revolutionären Beiträge zur Theorie ungeordneter Materialien und Zufallsprozesse".
Bereits im vergangenen Jahr war ein Max-Planck-Wissenschaftler mit der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnung in Physik geehrt worden: Reinhard Genzel, Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching, erhielt den Nobelpreis gemeinsam mit Roger Penrose und Andrea Ghez für Forschungen zu Schwarzen Löchern.
Durchbruch in der Katalyseforschung
"Ihre Werkzeuge revolutionierten die Konstruktion von Molekülen", lobt die Akademie die beiden Gewinner des Nobelpreises für Chemie 2021. Benjamin List vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr teilt sich die Auszeichnung mit David W.C. MacMillan (Princeton) "für die Entwicklung der asymmetrischen Organokatalyse". Sie hätten der pharmazeutischen Forschung "ein geniales Werkzeug zum Bau von Molekülen" geliefert und die Chemie umweltfreundlicher gemacht, heißt es aus Stockholm.
Laut Max-Planck-Präsident Martin Stratmann hat List "ein neues Kapitel der Katalyseforschung mit großem Anwendungspotential aufgeschlagen". Es sei ihm erstmalig gelungen, organische Katalysatoren mit hoher Stereoselektivität zu entwickeln – "ein Durchbruch, wie man ihn selten erlebt." Lists Arbeit schlug sich in diversen Patentanmeldungen nieder, beispielsweise "Verfahren zur organokatalytischen Transferhydrierung von Iminen" ( DE102005047341A1) oder auch DE102008013962A1 und DE102006009518A1.
Benjamin List, Jahrgang 1968, stammt aus einer Familie mit bemerkenswerter naturwissenschaftlicher Tradition: der große Chemiker Jacob Volhard ist sein Vorfahre, Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard seine Tante.
Auch in Chemie stellt die Max-Planck-Gesellschaft damit zum zweiten Mal in Folge einen Nobelpreisträger: 2020 erhielt Emmanuelle Charpentier von der Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene den Preis.
Chili und Sensoren
Der Medizin-Nobelpreis geht an David Julius und Ardem Patapoutian (beide in Kalifornien tätig) "für ihre Entdeckungen von Rezeptoren für Temperatur und Berührung". Sie erforschten, wie Nervenimpulse zur Wahrnehmung von Temperatur und Druck ausgelöst werden.
David Julius nutzte Capsaicin, eine scharfe Verbindung aus Chilischoten, die ein brennendes Gefühl hervorruft, um einen Sensor in den Nervenenden der Haut zu identifizieren, der auf Hitze reagiert. Auch seine Forschungen führten zu verschiedenen Patentanmeldungen, etwa "Nukleinsäuresequenzen, welche für Capsaicin-Rezeptoren kodieren" ( DE69910538T2 (5,98 MB)) oder "Methods of modulating cold sensory reception" ( US2015/0307584Al (3,63 MB)).
Ardem Patapoutian verwendete druckempfindliche Zellen, um eine neue Klasse von Sensoren zu entdecken, die auf mechanische Reize in der Haut und in inneren Organen reagieren. Patapoutian ist (Mit-)Autor von Patenten wie „Mechanically-activated cation channels“ ( US2013/0156762Al (4,82 MB)) oder „Modulators of GPR68 and uses thereof for treating and preventing diseases“ ( WO002019150309A1 (9,96 MB)).
Die bahnbrechenden Entdeckungen von Julius und Patapoutian, so die Nobel-Akademie, lösten intensive Forschungsaktivitäten aus, die zu einer raschen Erweiterung unseres Verständnisses darüber führten, wie unser Nervensystem Wärme, Kälte und mechanische Reize wahrnimmt.
Den Preis für Wirtschaftswissenschaften teilen sich David Card "für seine empirischen Beiträge zur Arbeitsökonomie" sowie Joshua D. Angrist und Guido W. Imbens "für ihre methodischen Beiträge zur Analyse kausaler Zusammenhänge".
Der Literaturnobelpreis geht an Abdulrazak Gurnah "für seine kompromisslose und mitfühlende Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des Kolonialismus und dem Schicksal des Flüchtlings in der Kluft zwischen den Kulturen und Kontinenten".
Nur eine Frau unter den Preisträgern 2021
Frauen bleiben bei den Nobelpreisen auch weiterhin stark unterrepräsentiert: Unter den insgesamt 943 Personen, die seit 1901 einen Nobelpreis erhalten haben, waren bisher lediglich 58 Frauen. In diesem Jahr gibt es nur eine weibliche Preisträgerin, Maria Ressa, die sich den Friedensnobelpreis mit Dmitry Andreyevich Muratov teilt.
Wie im Vorjahr sind die Nobelpreise mit zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 980 000 Euro) pro Kategorie dotiert. Verliehen werden die prestigeträchtigen Nobelmedaillen und Diplome eigentlich traditionell in einer Zeremonie am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter und Dynamit-Erfinder Alfred Nobel. Dieses Jahr gibt es pandemiebedingt erneut eine „Nobel-Woche“ mit dezentralen Preisvergaben, die teils per Livestream zu sehen sind.
Bilder: Niklas Elmehed / Nobel Prize Outreach, DEPATISnet
Stand: 16.10.2024
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