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Das große Rätsel
Zeichnung aus DE78395
Wie legt der Osterhase Eier?
Eine der letzten großen Fragen der Menschheit lautet: Wie schafft es der Osterhase eigentlich, Eier zu legen? Generationen von Biologen, Brauchtumsforschern und Kindern haben sich darüber schon den Kopf zerbrochen. Und wieso sind seine Eier bunt? Neueste Forschungen legen nahe, dass Funde in der Patent-Datenbank des DPMA, DEPATISnet, zu des Rätsels Lösung führen können.
Ein Hase, der Eier legt – wie geht das? Die Leporidae sind schließlich Säugetiere, und die legen höchstens in Australien vereinzelt Eier. Als einer der Ersten kam Theodor Voss aus Magdeburg 1894 dem Geheimnis des Eierlegens auf die Spur. Er erhielt ein Patent für „ein Spielzeug in der Form eines eierlegenden Thieres, welches, wie z. B. der Osterhase, im Volksmunde durch geheimnisvolles Eierlegen bekannt geworden ist“ ( DE78395, patentiert ab 2.3.1894). Laut Voss legt der Osterhase seine Eier aber nur mit dem Zauberwort: „Patent-Anspruch: Ein künstlicher Körper, in welchem ein mit Sperrvorrichtungen versehener Kanal so angebracht ist, dass derselbe von außen nach einem Schlüsselwort oder einer Zahl freigelegt werden kann, um dadurch den im Kanal befindlichen Kugeln, Eiern oder Münzen den Ausgang zu gestatten“.
Den Bauch voller Eier?
Johann Gotthilf Dietrich aus Berlin entdeckte 1919, dass der Osterhase viele fertige Eier in sich trägt und sie legt, wenn man ihn bewegt: „Die Erfindung bezieht sich auf einen sitzenden Osterhasen, dessen Körper als Magazin für Ostereier oder Attrappen ausgebildet ist (…), dass bei jeder Verstellung des Körpers ein Stück des im Magazin enthaltenen Eiervorrates nach unten herausfällt. Durch diese Einrichtung wird mit unauffälligen technischen Mitteln der Vorgang des Eierlegens in drolliger Weise nachgeahmt“ ( DE334339, 19.6.1919).
Eier am laufenden Band
Einen Osterhasen, der gleichsam am laufenden Band Eier legt, beobachtete Viktor Müller aus Langendreer 1923: „Die Erfindung betrifft ein Spielzeug in Form einer durch ein Federwerk, einen Motor o. dgl. im Kreis herumgedrehten Osterhasenfigur, die bei ihrem Rundlauf Eier legt sowie die einer Sammelstelle wieder zulaufenden gelegten Eier aus dieser wieder aufnimmt“.
Wird dem Osterhasen denn nicht schwindelig, wenn er immer im Kreis läuft? Das Eierlegen lenkt ihn scheinbar ausreichend ab: „Der Osterhase kommt an einer Reihe von Nestern vorbei, in die Eier durch automatisches Öffnen einer Bodenklappe abgegeben werden, wobei die Eier dann wieder einer Sammelstelle zulaufen, aus der die Eier, wenn die Figur an dieser Stelle vorbeikommt, wieder in die Figur fallen“ ( DE383013, 1.4.1923).
Entscheidend ist, was hinten rauskommt
Legt der Hase also automatisch Eier, sobald er an einem Nest vorbeikommt? Quasi eine Art Pawlowscher Reflex? Laut Paul Sommerfeld aus Wismar muss man dem Osterhasen zuerst am Kopf drücken. Denn „an dem ist wiederum ein Deckel angebracht, der für gewöhnlich eine Rückenöffnung des Körpers schließt. Die Öffnung hat Anschluss an eine auf dem Rücken des Tierkörpers angebrachte Kiepe zur Aufnahme der Eier, Bonbons u. dgl. Drückt man den beweglichen Kopf beispielsweise zurück, so wird auch der besagte Deckel geöffnet, so daß die in der Kiepe befindlichen Bonbons durch den Körper hindurch hinten aus demselben herausfallen.“ ( DE390432, 20.2.1924). Wie sagte schon ein früherer Bundeskanzler: Entscheidend ist, was hinte(r)n rauskommt.
Auch Albert Osterberg aus Kassel beobachtete 1924, dass der Osterhase manuell stimuliert werden muss, damit er Eier legt: Er beschrieb eine „eierlegende Tierfigur“, bei der „durch eine von Hand bedienbare Verschlussvorrichtung eines in einer Attrappe angeordneten auffüllbaren Behälters der Behälter-Inhalt portionsweise abgesogen wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Verschlussvorrichtung aus zwei parallelen, durch ihren gegenseitigen Abstand die jeweils ausfallende Menge des Behälterinhalts bestimmenden Schiebern besteht“ ( DE411090, 7.6.1924).
Der komplexe Vorgang des Eierlegens
Der Osterhase kann während des Eierlegens mit den Ohren (pardon: Löffeln) wackeln, fand Gottfried Sachs aus Oberhöchstadt 1925 heraus: DE441794 beschreibt einen „eierlegenden Osterhasen, in dessen hohlem Körper ein durch Federkraft in Bewegung gesetzte Triebwerk angeordnet ist, welches gleichzeitig das Ausgeben der Eier und die Bewegung von Gliedern der Hasenfigur bewirkt“: Das Zusammenspiel von Federachse, Ritzel, Nockenscheibe und Hebel ermöglicht, „die Augenlider des Hasen zu bewegen, während eine auf der Achse der Nockenscheibe sitzende Eierschubscheibe gleichzeitig ein Ei in die Röhre nach unten gleiten läßt, welches unter Anheben des pendelnd aufgehängten Schwänzchens ins Freie gelangt“ (31.12.1925). Der Osterhase – ein Roboter?
Beim Eierlegen nicht hüpfen!
In freier Wildbahn kann der Osterhase seine Eier sogar während des Laufens legen, so Friedrich Reineke (nicht der Fuchs!) aus Hannover: Er beschrieb einen „inneren Mechanismus, der bewirkt, dass der Osterhase weiterläuft und in bestimmten Abständen Naschartikel in Ei- oder ähnlicher Form auswirft.“ Bei springenden Hasen sei dies bereits bekannt, heißt es in Patentschrift DE474020 (2.2.1929), „bei den Springbewegungen können die Eier aber leicht beschädigt werden. Gemäß der Erfindung wird nun der in dem Hasen eingebaute Mechanismus so gestaltet, dass die Hinterbeine des Hasen anstatt einer springenden eine gehende Bewegung ausführen, und daß dabei die Eier durch eine sich drehende Trommel einzeln aus dem Aufbewahrungsbehälter zur Ausgabeöffnung geführt werden.“
Hüpfen und gleichzeitig Eier legen – das könnte auch nicht gut gehen, nicht mal beim Osterhasen.
Wie viele Eier passen in den Osterhasen?
Wenn der Hase aber einmal loslegt mit dem Eierlegen, gibt es kein Halten mehr, bis alle draußen sind: DE887478 erwähnt einen „eierlegenden Osterhasen, in dessen Innern die aus dem Vorratsbehälter kommenden Eier nach einer einmaligen Initialbewegung einen durch ihr Gewicht betätigten Mechanismus durchlaufen und den Körper des Osterhasen dann in bestimmten Abständen verlassen“.
„Der erfindungsgemäße Osterhase“, so beschrieb ihn Hans Goger aus dem pfälzischen Ellerstadt weiter, „bietet also den bekannten Osterhasen gegenüber den Vorteil, dass er, ohne eines Triebwerkes zu bedürfen, nach einmaliger Initialbewegung ohne jede weitere äußere Einwirkung so lange in bestimmten zeitlichen Abständen Eier legt, bis der Vorratsbehälter leer ist.“
Und wie bringt man den Osterhasen zum Eierlegen? Ganz einfach: „Hebt man nun den Schwanz des Osterhasen hoch, so zieht der nach unten ausweichende Drehpunkt den hinteren Teil der Wippe nach unten, wodurch die Wippe, um ihren Drehpunkt schwenkend, ihre offene Seite so nach hinten kehrt, dass ein Ei aus dem etwas höher liegenden Vorratsbehälter in die Wippe hineinrollen kann“. Der Osterhase wackelt dabei auch noch mit den Vorderpfoten (3.6.1951). Eine begabte Bestie!
Don´t call him Kaninchen!
Mitunter wird der Osterhase jedoch als Spielzeug verniedlicht: Fritz Kühne aus Hamburg wollte 1948 „die Spieleigenschaften der Figuren erhöhen, so dass diese besser als bisher als allgemeines Kinderspielzeug dienen können“. Wieder lagern die Eier im Inneren des Hasenkörpers; die Austrittsöffnung wird durch ein Zellenrad freigegeben, das die Eier nach draußen befördert. „Der Osterhase oder ein anderes entsprechendes Tier kann also bei dieser Ausbildung als Spielzeug im Sinne der bekannten fahrbaren Tierfiguren aus Holz, Stoff usw. benutzt werden, wobei der Hase oder ein Huhn usw. beim Fahren von Zeit zu Zeit ein Ei fallen lässt, sofern der Tierkörper vorher mit Eiern gefüllt wurde.“ ( DE1622617U, 18.12.1948). Ob es dem Osterhasen wohl gefällt, für ein Spielzeug gehalten zu werden? Na, Hauptsache, man sagt nicht „Kaninchen“ zu ihm!
Was der Osterhase ebenfalls nicht mag: wenn man ihm ein paar alberne Eier-Ohren aufsetzt. Zumindest legt das die Illustration zum US-Designpatent „Set of toy bunny easter egg ears“ US D703277S (2014) nahe. Der Hase schaut darauf recht sauertöpfisch drin. Kein Wunder, denn wer möchte schon mit Eiern auf dem Kopf rumlaufen, noch dazu bunten?
Auch in ein Tutu lässt er sich wohl nicht gerne stecken. Eine Anmeldung wie US D953036S, „Easter bunny tutu basket“ (2022), dürfte ihm nicht gefallen: ein rüschenumsäumtes Körbchen mit Plüschohren am Rand. Nein, der Osterhase möchte bestimmt nicht, dass seine Eier in so etwas getragen werden.
Und wieso sind die Eier bunt?
Aber wie bemalt der Osterhase seine Eier? Vielleicht mit einem Gerät wie in DE7630206U beschrieben, das „selbst manuell Unbegabten (was auf den Osterhasen und seine daumenlosen Pfoten zutreffen dürfte, d. Red.) eine Fülle von überraschenden dekorativen Darstellungen auf Eiern zu erzielen.“ Das Gerät mit exzentrischer Halterung für den Eikörper weist einen Dreharm mit wellenförmiger Kegelschnittfläche und beweglicher Pinselauflage auf.
Vielleicht nutzt der Osterhase aber auch ein motorgetriebenes Gerät wie in DE8402800U1 beschrieben, nämlich mit festem Drehspindellager mit Antriebszapfen und Drehspindel mit Druckfeder, das sich insbesondere zum Dekorieren der Eier in Batik-Technik eignen soll.
Möchte der Osterhase die Eier nicht handbemalen, sondern lieber mit wärmeschrumpfbaren Etiketten oder Aufkleber dekorieren, hilft ein Vorgehen wie in DE69329976T2 beschrieben: „Verfahren zum Etikettieren von Gegenständen mit konvexen Oberflächen“ (1992). Wie der Osterhase seine Eier zum Glitzern bringen kann, ist in DE102004028520A1 dargestellt.
Und wie der sonst so vorsichtige Osterhase eine gut verfolgbare Fährte hinterlassen kann, ist Gegenstand der Anmeldung von 2009, „Track laying apparatus for laying Easter bunny tracks“ ( US020090025590A1). Damit lässt sich ein Pulver verstreuen, dass eine Hasenspur nachahmt (je nach Saison aber auch eine Rentierfährte).
Arbeitserleichterung für Osterhasen
All diesen beschriebenen Osterhasen ist gemein, dass sie wahrscheinlich besser ausschließlich hartgekochte Eier legen sollten, um nicht im eigenen Eiermatsch zu verkleben. Normalerweise muss der Osterhase daher seine Eier erst kochen und dann färben. Um ihm Zeit zu sparen, schlägt DE2209635A vor, beides in einem Schritt zu erledigen, also ein Verfahren zum gleichzeitigen Kochen und Färben der Eier.
Will der Osterhase die Eier ausblasen, hilft ein Gerät wie in DE9419409U1 beschrieben. Auch DE202006018880U1 könnte ihm die Arbeit erleichtern.
Liebe Tierfreunde, wir sind heute einem alten Rätsel der Natur wieder ein Stück näher gekommen. Im Osterhasen scheint mehr zu stecken, als man auf den ersten Blick sieht. Wer Genaueres wissen will, kann sich postalisch direkt an den Osterhasen wenden – postlagernd an eines der drei deutschen Osterhasenpostämter in Ostereistedt, Eibau oder Osterhausen.
Frohe Ostern!
Text: Dr. Jan Björn Potthast; Bilder: DEPATISnet
Stand: 21.11.2024
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