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Pumuckl: Ein doppeltes Jubiläum

Meister Eder und sein Pumuckl

Meister Eder und sein Pumuckl auf Bergtour: Gustl Bayrhammer und der Kobold, wie ihn Barbara von Johnson entwarf

60 Jahre Pumuckl, 100 Jahre Bayrhammer

Erstsendung vor 60 Jahren

Vor 60 Jahren hatte der Kobold mit dem roten Haar seinen ersten Auftritt. Allerdings war er da noch unsichtbar, denn es gab ihn nur als Hörspiel. Am 21. Februar 1962 sendete der Bayerische Rundfunk die erste Folge der Radiohörspielserie "Meister Eder und sein Pumuckl". Sie hieß „Spuk in der Werkstatt“. Damit begann eine lange Erfolgsgeschichte, die bis heute anhält. Es folgten Schallplatten, Fernsehserien und Kinofilme. 90 Folgen der Hörspielreihe sendete der BR, ehe am 30. Dezember 1973 die letzte Episode ausgestrahlt wurde: „Pumuckl geht aufs Meer“, in dem er zu seinen Verwandten, den Klabautern, zurückkehrt – und Meister Eder lernt, dass man Kinder irgendwann loslassen muss.
Zum Jubiläum hat der BR die Original-Radiohörspielserie "Meister Eder und sein Pumuckl" von Ellis Kaut aus den Archiven geholt - mit Hans Clarin als Pumuckl und Alfred Pongratz als Meister Eder. Alle Folgen sind als Podcast auf der Internetseite des Bayerischen Rundfunks verfügbar.

Hundert Jahre alt wäre er jetzt geworden: Gustl Bayrhammer, der große bayerische Schauspieler, der einzig wahre „Meister Eder“. Wobei Bayrhammer es eigentlich nie mochte, auf eine Rolle festgelegt oder in eine Schublade gesteckt zu werden: "Ich mag keine Wapperl am Arsch", sagte der charismatische Grantler noch kurz vor seinem Tod 1993. Aber dass Generationen von Kindern ihn bis heute als „Meister Eder“ kennen und lieben – das hätte ihn sicherlich gefreut. Hatte er doch die Fernsehrolle nicht zuletzt deshalb in vollen 54 Folgen verkörpert, weil auch seine eigenen Enkel Pumuckl-Fans waren.

Bayrhammer, geboren am 12. Februar 1922 in München, wollte von klein auf nichts anderes werden als Schauspieler an einem Münchner Theater. Aber es sollte sehr lange dauern, bis sich sein Traum erfüllte: Zwanzig Jahre lang spielte er an kleineren Theater in der „Provinz“, bis ihn endlich 1966 die große Therese Giehse „entdeckte“ und nach München holte. Fortan spielte er auf den ganz großen Bühnen und erhielt auch zunehmend Rollen in Film und Fernsehen.

Er war ein Volksschauspieler im besten Sinne, aber verweigerte alles, was ihn in die Nähe "volksdümmlichen Bayern-Kitsches“ gerückt hätte; gegen das „Seppl-Image“ eines „bayerischen Hausdeppen“ verwahrte er sich erfolgreich.

Bundesweit bekannt wurde er als „Tatort“-Kommissar Veigl; ihm zur Seite der ebenfalls unvergessene „Monaco Franze“ Helmut Fischer. Im Fernsehen spielte Bayrhammer oft Bürgermeister und Hallodris, auf der Bühne des Residenztheaters über 700 Mal den Himmelspförtner Petrus in "Der Brandner Kaspar und das ewig' Leben".

Meister Eder für immer

Meister Eders Schreinerei

Meister Eders Schreinerei befand sich nicht weit entfernt vom DPMA in einem Hinterhof im Lehel (Widenmayrstr. 2), wurde aber leider längst abgerissen.

Schließlich kam er zu der Rolle des „Meister Eder“, die an ihm haften blieb wie der Pumuckl am Leimtopf. Zunächst „erbte“ er 1977 die Partie in der Hörspielreihe des Bayerischen Rundfunks, die seit 1962 lief. Bayrhammer hatte daran bereits in anderen Rollen gelegentlich mitgewirkt, aber nach dem Tod von „Eder“-Sprecher Alfred Pongratz wurde er sein Nachfolger.

Ab 1982 spielte er die Figur dann auch vor der Kamera gemeinsam mit dem trickanimierten Kobold, dem Hans Clarin schon seit 1962 seine unverwechselbare Stimme lieh.

Im Jahr der hundertsten Geburtstages Bayrhammers und des sechzigjährigen Rundfunk-Jubiläums des Kobolds laufen – wie man hört – die Vorbereitungen für eine Neuverfilmung von Pumuckls Abenteuern.

Ellis Kaut, die Kobold-Mutter

Ellis Kaut

Ellis Kaut

Pumuckls „Mutter“ war ein ähnlicher Jahrgang wie der „Meister Eder“-Darsteller: Elisabeth "Ellis" Kaut wurde am 17. November 1920 in Stuttgart geboren. Der Vater, gebürtiger Münchner, war Prokurist bei einer Bank, die Mutter Bauerstochter aus dem Württembergischen. Die Familie zog, als Ellis zwei Jahre alt war, nach München. Schon früh zeigte sich die künstlerische Ader des Mädchens. Die Vierjährige, genannt "Lieserl", sang lauthals und vornehmlich gerne im Treppenhaus allen Bekannten, Verwandten und Nachbarn Lieder mit unendlich vielen Strophen vor und war dabei kaum zu stoppen. Als sie die Hausmeisterin eines Tages fragte, ob sie denn Sängerin werden wolle, erwiderte das Mädchen: "Nein, so etwas will ich nicht werden. Weltberühmt will ich werden."

Eine vielseitige Künstlerin

So verwundert es nicht, dass Ellis Kaut sich später von ihrem schmalen Monatsgehalt als Kanzlei-Dienstanwärterin bei der Stadt München - ohne das Wissen ihrer Eltern - eine Schauspiel-Ausbildung leistete. Sie bekam tatsächlich ein Engagement in Wiesbaden, was ihr aber zu weit entfernt von ihrem zukünftigen Mann war. Im Jahr 1939 heiratete sie den Journalisten und Schriftsteller Kurt Preis, durch den sie auch zum Schreiben gekommen war. Schließlich studierte sie während des Zweiten Weltkrieges Bildhauerei an der Akademie für bildende Künste in München. Sie hielt die Familie über Wasser, indem sie Keramikfiguren verkaufte und Porträts bekannter Münchner anfertigte.

Wie Pumuckl entstand

Pumuckl-Bildmarke

Marke DE 1028393

Erst später begann sie Novellen, Erzählungen und Hörspiele zu verfassen und arbeitete als Sprecherin beim Bayerischen Rundfunk. Für den Kinderfunk schrieb sie ihre erste und sehr erfolgreiche Kinderhörspielserie "Geschichten vom Kater Musch". Als die Sprecher der Hauptfiguren München aus beruflichen Gründen verließen, wurde die Serie nach über 100 Folgen eingestellt.

Eine neue Serie sollte den "Kater Musch" ersetzen und Ellis Kaut erhielt den Auftrag dazu. Bei einer Redaktionsbesprechung suchte sie nach dem Bleistift, den sie gerade noch in der Hand gehalten hatte - er war plötzlich verschwunden. Sie lachte: "Was, wenn nicht ich den Bleistift verlegt hätte, sondern ein Kobold?" Die Redakteurin war von der Idee begeistert und die Basis für eine neue Serie geschaffen.

Bei einem Winterspaziergang mit ihrem Mann entstand der Name: Ellis Kaut machte sich einen Spaß daraus, an den Ästen zu ziehen, so dass der Schnee auf dem Kopf ihres Mannes landete. Der ließ sich das lachend gefallen und nannte sie "einen richtigen Pumuckl". Der Name soll ihm spontan eingefallen sein; vielleicht war er ihm als Diminuitiv von „Nepomuk“ aber auch schon unbewusst bekannt.

"Pumuckl" als Hörspiel, Buch und Film

Wussten Sie, dass ...

... Teile des Vorspanns von "Pumuckl" von der Dachterrasse des DPMA-Dienstgebäudes in der Münchner Zweibrückenstraße gedreht wurden?

1962 feierte der "Pumuckl" seine Radio-Premiere im BR. 90 Folgen wurden insgesamt ausgestrahlt. Ab 1969 wurden die Hörspiele auch auf Schallplatte und Kassette vertrieben.
Aber wie konnte man sich den kleinen Kobold vorstellen? Zum Aussehen von "Pumuckl" veranstaltete Ellis Kaut 1963 einen Mal-Wettbewerb, den die damals 21-jährige Barbara von Johnson gewann. Diese schuf die unverwechselbare Gestalt mit den abstehenden Ohren, dem Bäuchlein und den übergroßen Händen und Füßen. Ab 1965 illustrierte von Johnson die "Pumuckl"-Bücher.

Umstrittenes Äußeres

Ein Brunnen in München

"Pumuckl"-Brunnen im Luitpoldpark in München

Der Schwiegersohn von Ellis Kaut, Brian Bagnall, gestaltete für die Fernsehauftritte die Zeichentrickfigur mit leuchtenden Farbtönen. Gezeichnet wurde der TV-Pumuckl in Budapest.

Die Markenrechte am "Pumuckl" sicherte sich die Tochter von Ellis Kaut, Ursula Bagnall (unter anderem Wortmarke DE 1012772, angemeldet am 31.03.1979 für die Warenklassen 38, 9, 35, 41 und 42).

Fortan illustrierte Brian Bagnall den "Pumuckl" nicht nur auf der Leinwand, sondern auch in den Kinderbüchern. Barbara von Johnson sah sich in ihren Urheberrechten verletzt und zog vor Gericht. Am Ende des Rechtsstreits erhielt sie 2005 nachträglich eine Vergütung. Außerdem ist von Johnson Inhaberin der "Pumuckl"-Bildmarke DE 1028393.
Insgesamt wurde der "Pumuckl" rund zehn Millionen Mal auf Schallplatte, Kassette und Video verkauft. "Pumuckl"-Musicals, unter anderem im Gärtnerplatz-Theater, und weitere TV-Serien sowie ein Spielfilm wurden gedreht. Im Münchner Luitpoldpark gibt es sogar einen "Pumuckl"-Brunnen.

Im September 2015, kurz vor ihrem 95. Geburtstag, ist Ellis Kaut gestorben. In ihren Werken und Geschichten, ganz besonders aber mit dem kleinen, vorwitzigen Kobold hat sie sich unsterblich gemacht.

Bilder: BR Infafilm Gmbh / Barbara von Johnson, Bayerischer Rundfunk, www.ellis-kaut.de, DPMAregister, Oliver Raupach via Wikimedia Commons

Stand: 09.04.2024