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35 Jahre "The Simpsons"
Unionsmarke EM 001521285
Marken, Merchandising & Moneten, oder: Beim (Duff-)Bier hört der Spaß auf
Sie sind gelb, hässlich, chaotisch – und unglaublich beliebt: Vor 35 Jahren traten „The Simpsons“ zum ersten Mal im amerikanischen Fernsehen auf. 36 Staffeln und über 750 Episoden später ist die Serie die langlebigste und erfolgreichste der USA. Und weltweit ein Milliardengeschäft, abgesichert durch die ganze Palette der Schutzrechte für geistiges Eigentum.
Als am 17. Dezember 1989 im US-Fernsehsender Fox die Pilotfolge ausgestrahlt wurde, dürften nur wenige mit einem langfristigen Erfolg der Simpsons gerechnet haben. Zu sehr unterschied sich die latent asoziale, prollige, anarchische „White trash“-Zeichentrickbande von dem bieder-harmlosen Familienbild anderer amerikanischer Serien. Der damalige US-Präsident George Bush (senior) ermahnte seine Landsleute naserümpfend, sie sollten sich lieber die „Waltons“ zum Vorbild nehmen als die Simpsons (dafür rächten sich die Serienmacher später, indem sie Bush in einer giftigen Folge kräftig durch den Kakao zogen).
Für jeden etwas dabei
Der Name des Simpsons-Erfinders: Wort-Bild-Marke EM 004827176
Warum ist die Serie um den dicken, doofen Kernkraftwerksarbeiter Homer Simpson und seine Familie so populär? Weil sie in ihren besten Moment unschlagbar witzig, originell, geistreich und sarkastisch ist. Vor allem aber, weil sie gleich einer gut sortierten Pralinenschachtel für jeden etwas bietet: Sie mischt munter Elemente aus Sitcom, Musical, Arthouse oder Action. Die vielen kauzigen Figuren der generationenübergreifend beliebten Serie sind vergleichsweise vielschichtig; mit manchen kann man sich identifizieren, von anderen abgrenzen. Kinder erfreuen sich an den Slapstick-Elementen, den vielen „running gags“ und der knallbunten Optik. Dagegen richtet sich der oft subversive oder zynische Humor der Reihe eher an Erwachsene, die sich auch an den zahlreichen popkulturellen Referenzen und Anspielungen erfreuen können.
In den guten Momenten gelingt den Simpsons-Machern um Matt Groening (selbst eine Marke: 004827176) eine pointierte Satire, die mit galligem Humor Themen wie Umweltverschmutzung, religiöse Doppelmoral, Spießertum, Konsumwahn und die Glorifizierung des „American way of life“ aufs Korn nimmt.
Millionen dank Merchandising
Manche finden, der größte Gag sei ja, dass diese mitunter so subversive und satirische Serie ausgerechnet beim erzkonservativen, humorbefreiten Sender Fox von Rupert Murdoch läuft. Aber die Simpsons sind in Wirklichkeit des Senders liebste Kinder, denn mit ihnen scheffelt er Millionen. Sie sind seit 35 Jahren die „cash cow“ des Unternehmens, eine unerschöpflich sprudelnde Quelle an Lizenz- und Merchandising-Erträgen. Fox hat sich zahlreiche Markenrechte rund um die Simpsons eintragen lassen, beim DPMA z.B. 118360, 1184435, DD648048; dazu Unionsmarken wie 000143248, 001521285, 002991586, 012720421.
Selbstverständlich gibt es Simpsons-Tassen, Tücher, Uhren, Bettwäsche, Bücher, T-Shirts, Mützen, Schulsachen, Süßigkeiten, Schach oder Computerspiele. Und noch viel, viel mehr. Das Marketing-Potenzial scheint unerschöpflich. Und führt mitunter zu schutzrechtlichen Auseinandersetzungen.
Bierernster Markenrechtsstreit
Nehmen wir das Beispiel Bier. Hauptfigur Homer Simpson trinkt in der Serie gerne und viel Bier, bevorzugt die (ursprünglich) fiktive Marke „Duff beer“ („duff“ bedeutet als Adjektiv in etwa „wertlos“). Zahlreiche Merchandising-Artikel rund um die Trickfilmreihe zeigen daher Duff-Bierdosen. Aus Gründen des Jugendschutzes lehnten die Macher der Serie jedoch immer echtes Duff-Bier als Merchandising-Produkt ab. Es gibt aber einen lizensierten Energydrink unter diesem Namen.
Als eine australische Brauerei in den 1990er Jahren ein „Duff“-Bier auf den Markt brachte, untersagte ihnen Fox die Produktion gerichtlich. Eine neuseeländische Brauerei, die sich nach ihrem Inhaber Duff nannte, soll das Medienunternehmen zur Umbenennung gezwungen haben.
Duff-tes Bier?
Unionsmarke der 20th Century Fox Film Corp. seit 1999 (EM 001289842)
Als in Deutschland ein „Duff“-Bier auf den Markt kam, ging Fox ebenfalls dagegen vor. Ein deutsches Unternehmen hatte beim DPMA entsprechende Markenrechte angemeldet und ließ ihr „Duff“ bei der Eschweger Klosterbrauerei herstellen. Fox versuchte, die Marke beim DPMA löschen zu lassen und den Vertrieb zu stoppen, scheiterte 2004 aber vor dem Bundespatentgericht.
In der Urteilsbegründung hieß es:
„Zwar habe die Widersprechende durch Vorlage umfangreicher Unterlagen glaubhaft gemacht, dass diese Serie mittlerweile auch in Deutschland einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht habe. Mit den vorgelegten Unterlagen habe sie aber nicht annähernd nachweisen können, dass auch der Begriff „Duff BEER“ bei den inländischen Verkehrskreisen einen Bekanntheitsgrad von mindestens 60 % erreicht habe“ ( BPatG 26 W (pat) 113/03).
Die Marke 302009021478 hat Fox von der beklagten Duff Beer UG Anfang 2014 übernommen - und sie dann löschen lassen.
Debatte ums „Duff“
DE-Marke 302009021478, die Fox von der Duff Beer UG übernahm und dann löschte
Ein Rechtsstreit zwischen zwei zunächst kooperierenden, dann konkurrierenden deutschen „Duff“-Bier-Vertreibern über die Marke Nr. 39 901 100 wurde 2012 vom Bundesgerichtshof endgültig entschieden:
„Die allgemeinen Grundsätze der rechtserhaltenden Benutzung durch eine von der Eintragung abweichende Form gelten auch für eine Marke, die einen fiktionalen Ursprung hat (hier: Lieblingsbier der Hauptfigur einer Zeichentrickserie) und im Wege der „umgekehrten Produktplatzierung“ für reale Produkte verwendet wird.
Danach ist der für die Beurteilung der rechtserhaltenden Benutzung maßgebende Verkehrskreis nicht auf denjenigen Teil der Verbraucher beschränkt, der die fiktive Marke aus der Zeichentrickserie kennt. Abzustellen ist vielmehr auch in diesen Fällen auf den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher“ ( BGH I ZR 135/11).
Entsprechend vertreibt derzeit ein Münchner Unternehmen weiter sein „Duff Beer“ (gebraut nach dem Reinheitsgebot), dessen bereits 1999 eingetragenes Logo sich aber von dem aus der Serie bekannten Zeichen deutlich unterscheidet.
Im Norddeutschen ist „duff“ übrigens ein gängiges Adjektiv; es steht für „matt, glanzlos“.
Die Simpsons als Erfinder und Propheten
In 35 Jahren hat Hauptfigur Homer Simpson viele Abenteuer erlebt und sich in zahlreichen Professionen versucht. In einer hübschen Folge beschließt er, Erfinder zu werden. Aber er verzweifelt bald daran, niemals „Erfinder-König“ Thomas A. Edison einholen zu können. Erst als er herausfindet, dass auch Edison sich stets nur als „ewiger Zweiter“ hinter Universalgenie Leonardo da Vinci fühlte, ist Homer getröstet (und läßt das Erfinden fortan sein).
Die Serie hat sich außerdem über Jahrzehnte den Ruf erworben, gewisse Entwicklungen vorherzusagen. Ein Beispiel: In einer Folge von 1995 spricht eine Figur mit ihrer Armbanduhr – sehr lange, bevor die Smart Watch entwickelt wurde.
Oder: In einer 2000 entstandenen Episode wird die erwachsene Lisa Simpson Präsidentin der USA. Sie muss als erstes das Chaos beseitigen, das ihr Amtsvorgänger hinterlassen hat – Donald Trump. Als Trump 2016 tatsächlich zum Präsidenten gewählt wurde, ließen die Serienmacher Bart Simpson im Vorspann der nächsten Folge schreiben: „Being right sucks“ - Es nervt, Recht zu behalten.
Bilder: DPMAregister, 20th Century Fox Film Corporation
Stand: 16.12.2024
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