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Donald Duck und Carl Barks

Wütender Donald Duck

Als die Ente Mensch ward

Er war einer der ganz großen Künstler des 20. Jahrhundert: Carl Barks. Sie kennen diesen Namen nicht? Nun, so ging es vielen seiner größten Fans auch viele Jahre lang. In seiner aktiven Zeit war er nur als der anonyme „gute Zeichner“ im Disney-Autorenteam bekannt. Barks war schon im Ruhestand, als hartnäckige Verehrer schließlich herausfanden, wer diese brillanten Geschichten rund um Donald Duck ersonnen und gemalt hatte. Dann aber wurde Carl Barks langsam weltweit bekannt - als der wohl bedeutendste Comiczeichner seiner Zeit.

Carl Barks wurde am 27. März 1901 auf einer Farm bei Merrill in Oregon geboren. Ähnlich wie sein entliches alter ego Donald Duck versuchte er sich im Lauf der Jahrzehnte in zahlreichen Berufen, etwa als Laufbursche, Hühnerzüchter, Eisenbahner, Landwirt, Holzfäller oder Druckereigehilfe. Das Zeichnen blieb ein Hobby, bis er 1928 einige Cartoons an den „Calgary Eye-Opener“ verkaufen konnte. Fortan lieferte er regelmäßig frivol-humorvolle Zeichnungen an dieses und andere Blätter.

Begegnung mit Donald

Carl Barks 1982 auf der San Diego Comic Convention

Carl Barks 1982 auf der San Diego Comic Convention

Als die Disney-Studios 1935 für ihren ersten abendfüllenden Zeichentrickfilm "Schneewittchen und die sieben Zwerge" (siehe u.a. EM003332848, EM009779604) sogenannte „Zwischenphasenzeichner“ suchten, bewarb sich Barks erfolgreich. Dort kam es zur schicksalhaften Begegnung mit Donald Duck, der im Jahr zuvor seinen ersten Auftritt gehabt hatte. Barks skizzierte eine Szene mit dem Erpel, die Walt Disney gefiel. Er beförderte ihn in die Abteilung Geschichten-Entwicklung.

1942 kündigte Barks aber bei Disney, um sich kurze Zeit später beim Verlag Western Publishing zu bewerben, der in Lizenz Comics mit Disney-Figuren produzierte. In den folgenden zwei Jahrzehnten erschuf er als freier Comiczeichner ein Werk, das über 500 Geschichten mit mehr als 6000 Seiten umfasst.

Ein Werk für die Ewigkeit

Disney-Marke 004607958

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Barks´ Comics kamen – was durchaus nicht üblich war und ist - von der Idee über den Text bis zur Reinzeichnung komplett allein aus seiner Hand. Besonders seine langen Geschichten mit den Ducks, die über die damals typischen 10-Seiter hinausgingen, gelten bei Fans heute quasi als Weltkulturerbe.

Aus seiner Feder stammen auch einige der wichtigsten Figuren im (ebenfalls von ihm erfundenen) Entenhausen (original: Duckburgh): Gustav Gans, das Fähnlein Fieselschweif, die Panzerknacker, Gundel Gaukeley und vor allem Onkel Dagobert (original: Scrooge McDuck), die reichste und geizigste Ente der Welt, der alle Schattenseiten und Vorzüge des Kapitalismus in sich zu vereinen scheint.

Am 30. Juni 1966 ging Barks in Rente, immer noch weitgehend unbekannt. Aber seine Fans hatten mittlerweile herausgefunden, wer der legendäre „good artist“ hinter den allerbesten Entengeschichten war. Barks erlangte nun ganz langsam Weltruhm. Ab 1971 malte er einige Jahre mit einer Sondererlaubnis Disneys Ölgemälde mit Szenen aus seinen Duck-Geschichten, die unter Sammlern heiß begehrt sind. Er musste 82 Jahre alt werden, bis erstmals seine Geschichten unter seinem Namen als Werkausgabe erscheinen durften. Vielen gilt „sein“ Donald Duck - also sein Gesamtwerk - als eines der bedeutendsten Kunstwerke des 20. Jahrhunderts. Carl Barks starb am 25. August 2000 in Oregon.

Ente 80

Donalds Dauerfreundin Daisy

Donalds Dauerfreundin Daisy (EM003332822)

Donald Duck ist heute die wohl bekannteste Comicfigur des Planeten (neben Micky Maus aus dem gleichen Haus), ist Ende 80 und immer noch alleinerziehender Vater (offiziell: Onkel) von Drillingen.

Am 9. Juni 1934 hatte Donald Fountleroy Duck (so sein vollständiger Name) in dem Zeichentrickfilm "The Wise Little Hen" ("Die kluge kleine Henne") seinen ersten Auftritt als Nebendarsteller. Der Erpel lebt in dem Filmchen auf einem Boot, deshalb trägt er einen Matrosenanzug. Den hat er bis heute an (und immer noch keine Hose!).

Weil Micky Maus, der ältere, große Star, mit zunehmender Bekanntheit immer seriöser, braver und farbloser wurde, brauchte Disney einen Anti-Helden, ein Gegengewicht zur Maus. Donald ist - bei aller ursprünglichen Niedlichkeit – eine Ente mit zutiefst menschlichen Schwächen: er ist unberechenbar, tollpatschig, aufbrausend und faul, aber doch stets bemüht im Daseinskampf.

Die Ente, die ein Mensch war

Unionsmarke EM 1008801

EM 1008801

Und genau diese Menschlichkeit verhalf der Figur zu rascher, enormer, bis heute andauernder Popularität. Walt Disney, ein geschickter Geschäftsmann, nutzte clever die gewerblichen Schutzrechte, um seine Schöpfungen exklusiv und effektiv zu vermarkten. Nicht nur Donald (Unions-Wortmarken 002828341, 005240271, 003335668), sondern praktisch alle populären Trickfiguren der Disney-Geschichten sind markenrechtlich geschützt. Bis heute operiert Disney, längst ein Weltkonzern, sehr erfolgreich mit dem Schutz seines geistigen Eigentums und macht (nicht nur) mit Merchandising sehr viel Geld. Im Gegensatz dazu ist Donald praktisch chronisch pleite.

Staun! Klatsch! Jubel!

Donald, gezeichnet von Carl Barks

Donald, gezeichnet von Carl Barks

Zum Kultstatus der Comics trug in Deutschland nicht zuletzt die geniale Übersetzerin Dr. Erika Fuchs bei. Sie hob die im amerikanischen Original meist deutlich schlichteren Dialoge auf ein geradezu literarisches Niveau. Ihre Übersetzungen sind angereichert mit Klassiker-Zitaten („Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern / in keiner Not uns waschen und Gefahr“), kultigen Wortspielen („Dem Ingenieur ist nichts zu schwör“) und geprägt vom virtuosen Einsatz des Stabreims als Stilmittel ("Ich setze das Girl mit dem girrenden Geraune der Gitarre in Erstaunen!").

Vor allem aber bereicherte sie die deutsche Sprache um den später ihr zu Ehren so genannten „Erikativ“: Verben werden auf den Wortstamm verkürzt (Inflektive) und erhalten eine lautmalerische, suggestive und illustrative Wirkung: Schluck! Stöhn! Würg! Ächz!
Das funktioniert nicht nur bei Geräuschen, sondern sogar bei inneren Vorgängen: Grübel! Studier! Frier! Schreck!

Patente Ente

Der Erfinder: Carl Barks im Interview mit dem SPIEGEL, 1994

SPIEGEL: Auch Daniel Düsentrieb, das Erfindergenie, ist eine von Ihnen erdachte Figur - weil Sie selbst gern Erfinder geworden wären?
BARKS: Ich war eigentlich immer der Meinung, gute Ideen zu haben. (…) Düsentrieb war kein einfacher Fall für mich. Seine Erfindungen mußten ja glaubwürdig sein.
SPIEGEL: Butterloses Butterbrot etwa.
BARKS: Das war ja noch einfach - wie ist es mit der Glühbirne, durch die der Raum dunkler wird?

Der weltberühmte Erpel taucht auch in der Patentliteratur öfters auf: Recherchiert man in der DPMA-Datenbank DEPATISnet seinen Namen, findet sich eine Vielzahl von höchst unterschiedlichen Referenzen auf die Figur in Patent- und Gebrauchsmusterdokumenten (zum Beispiel pdf-Datei DE1996437U, pdf-Datei EP2339497A2).

Barks´ Geschichten dürften viele angehende Erfinder inspiriert haben, da in ihnen oft die tollsten technischen Entwicklungen auftauchen: Tauchausrüstungen mit selbsterneuernder Atemluft beispielsweise, Intelligenz-Strahlen, fliegende Besen, Kobold-Kompensatoren, unzerstörbarer Kunststoff. Meistens zeichnet Daniel Düsentrieb dafür verantwortlich, ein anthropomorpher Hahn und genialischer Erfinder, der mit Hammerschlägen auf den Hirnkasten sein Denkvermögen stimuliert. In Fuchs´ Übersetzung ist er ein wahrer Quell sinnreicher Sentenzen wie etwa „Das beste Werkzeug ist ein Tand in eines tumben Toren Hand“ oder „Zwischen Wahnsinn und Verstand ist oft nur eine dünne Wand“.

Wie Donald ein Patent kippte

Ein Schiff mit Ping-Pong-Bällen bergen: Die geniale Idee des Disney-Zeichners Carl Barks in einem Co

Ein Schiff mit Ping-Pong-Bällen bergen: Die geniale Idee des Disney-Zeichners Carl Barks in einem Comic von 1949

Donalds Bekanntheit führte übrigens zu einem viel zitierten patentrechtlichen Paradebeispiel: Ein dänischer Erfinder meldete 1964 in seinem Heimatland ein Verfahren zur Hebung gesunkener Schiffe zum Patent an, bei dem Schaumstoffbälle in die Wracks gepumpt wurden, um ihnen Auftrieb zu verleihen. Das Patent wurde auch vom DPMA ( pdf-Datei DE1247893B) und in Großbritannien ( pdf-Datei GB1070600A) bestätigt.

Aber das Patentamt der Niederlande verweigerte die Erteilung: In einer bereits 1949 erschienen Geschichte von Carl Barks hatte Donald Duck ein ganz ähnliches Verfahren angewendet, um eine gesunkene Yacht mit Hilfe von Tischtennisbällen zu heben. Angesichts der großen Auflage der Comics sahen die niederländischen Kollegen die Neuheit der Erfindung nicht mehr gegeben.

Donald Duck sollte also zur Pflichtlektüre für Patentprüfende erklärt werden... Kicher!

Text: Dr. Jan Björn Potthast; Bilder: Disney (Zeichnung: Carl Barks), Alan Light CC by 2.0 via Wikimedia Commons, DPMAregister, Disney

Stand: 16.11.2023