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Margaret Hamilton

Margaret Hamilton und der Ausdruck der Software für die Apollo-11-Mission,, 1969

Margaret Hamilton und der Ausdruck der Software für die Apollo-11-Mission,, 1969

"Rope mother" und Software-Pionierin

Die vielleicht bekannteste der Frauen hinter Apollo ist Margaret Hamilton (geboren 1936). Die Mathematikerin war eine junge Mitarbeiterin am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in der Nähe von Boston, als sie eher zufällig zum Raumfahrtprojekt kam. Hamilton, die sich das Programmieren praktisch selbst beigebracht hatte, stieg rasch auf und wurde Direktorin des Apollo Flight Computer Programming. Sie war für die Entwicklung der On-Board-Flugsoftware verantwortlich, die für die Navigation während des Mondfluges und für die Landung eingesetzt wurde.

Die Computertechnik steckte noch in den Kinderschuhen: Gerade einmal 72 Kilobyte Computerspeicher standen den Astronauten an Bord zur Verfügung. Zum Vergleich: Ein heutiges Smartphone mit 64 Gigabyte verfügt über eine Million Mal mehr Speicherplatz! Programmierer mussten Papierlochkarten verwenden, um Informationen in raumgroße Computer ohne Bildschirmoberfläche einzuspeisen.

Für die Apollo-Mission griff man auf eine andere Speicherform zurück: Hamiltons Programm wurde auf Seile aufgefädelt. Viele Näherinnen arbeiteten in Waltham bei Boston per Hand daran, die Software in eine Hardware zu verwandeln. Winzige Eisenringe wurden wie Perlen an einer Schnur auf einen Kupferdraht aufgezogen. Die Nullen und Einser des Programms wurden nach dem Prinzip der Lochkarten gleichsam „übersetzt“. Diese kiloschweren, äußerst robusten Speichermedien nannte man Seile; Hamilton war die „Seilmutter“ (rope mother).

Die erste Software-Ingenieurin

Hamilton in Aktion in der Apollo-Raumkapsel

Hamilton in Aktion in der Apollo-Raumkapsel

Hamilton prägte den Begriff "Software Engineering" und entwickelte Konzepte für asynchrone Software und prioritätsgesteuerte Aufgabenausführung, die die Grundlage für eine moderne, hochzuverlässige Softwarearchitektur bilden. Sie setzte nicht auf eine digitale Allround-Steuerung, sondern auf ein ausgewogenes Zusammenspiel von Hardware, Software und Mensch: Die Piloten konnten das automatische System unterbrechen und jederzeit die Kontrolle übernehmen. Dieses revolutionäre Konzept hieß "Man-in-the-Loop".

Einen beinahe ikonischen Charakter hat heute das Foto der jungen Programmiererin von 1969 mit dem aufgestapelten Ausdruck der Software des „Apollo Guidance Computers", der sie beinahe überragt.

Später wurde bekannt, dass bei Apollo 11 die Landung der Mondlandfähre „Eagle“ beinahe in letzter Sekunde abgebrochen worden wäre, da der Bordcomputer einen Fehler meldete. Der Fehler lag aber nicht bei der Software, die damit nur melden wollte, dass die ungeplante Aktivierung eines zusätzlichen Radargerätes ihre Rechenleistung einschränken würde. Das Programm meldete also die drohende Überlastung, ignorierte die zusätzliche Datenmenge und konzentrierte sich auf die Kernaufgabe, nämlich das Landemanöver. Houston gab entsprechend seinen Astronauten die Anweisung, den gemeldeten Fehlercode "1202" nicht zu beachten und mit der Landung fortzufahren.

„Astronauten machen keine Fehler“

Als berufstätige Mutter nahm Hamilton gelegentlich ihre kleine Tochter nachts und am Wochenende mit an ihren Arbeitsplatz im Instrumentation Laboratory am externer Link Massachusetts Institute of Technology (MIT). Eines Tages beschloss die Tochter, "Astronaut zu spielen" und drückte einen Knopf, der das System zum Absturz brachte. Hamilton erkannte sofort, dass so etwas wohl auch einem Astronauten passieren könnte. Sie empfahl entsprechende Vorkehrungen, aber es wurde ihr gesagt: "Astronauten sind darauf trainiert, keine Fehler zu machen." Tatsächlich machte dann während der Mondumrundung der Apollo 8-Mission der Astronaut Jim Lovell genau den gleichen Fehler wie die Kleine. Hamiltons Team konnte das Problem aber glücklicherweise innerhalb weniger Stunden beheben.

Margaret Hamilton gründete nach Abschluss des Apollo-Programms erfolgreiche Softwareunternehmen, erhielt 1986 den Augusta Ada Lovelace Award von der Association of Women in Computing und 2003 den höchstdotierten „Exceptional Space Act Award“, den die NASA jemals vergab. 2016 verlieh ihr Präsident Barack Obama die Presidential Medal of Freedom, die höchste zivile Auszeichnung der USA.

Bilder: Draper Library / public domain via Wikimedia Commons, NASA

Stand: 09.04.2024