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JoAnn Morgan
Allein unter Männern
16. Juli 1969. Der Start der Saturn V-Rakete auf den Weg zum Mond. Der ganze Kontrollraum im Kennedy Space Center ist gesteckt voll mit Männern. Der ganze Raum? Nein. Eine einzelne Frau befindet sich unter den vielen nervösen Ingenieuren, die den Beginn der Mission Apollo 11 überwachen: JoAnn Morgan.
Geboren 1940 in Huntsville, Alabama, liebte JoAnn schon als Kind Mathematik und Naturwissenschaften. Nachdem ihre Familie nach Florida gezogen war, konnte sie vom Strand aus die Raketenstarts in Cape Canaveral beobachten. Seither hatte sie "Raketenbenzin im Blut", wie sie sagte. Als sie 17 war und gerade die High School abgeschlossen hatte, bot sich die Möglichkeit für ein Praktikum im Raketenzentrum der US Army. Sie griff sie zu.
In den folgenden Sommern arbeitete sie für die frisch gegründete NASA und studierte parallel an der Universität von Florida. Ihr Potential und Talent in Wissenschaft und Kommunikation fiel sogar Wernher von Braun und Kurt Debus auf, dem ersten Direktor des Kennedy Space Centers. Er ermöglichte Morgan die Teilnahme an weiteren Kursen und stellte sie als Junior-Ingenieurin ein.
„Man schickt einen Ingenieur nicht Kaffeekochen“
Eine Frau als Ingenieurin? Das war für ihre Kollegen damals höchst ungewöhnlich. Ihr Chef Jim White bereitete die Männer in einer Besprechung behutsam auf den Umgang mit der neuen Kollegin vor. „Wird sie für uns Kaffee machen?“, fragte einer. „Nein“, wies ihn White zurecht. „Man schickt einen Ingenieur nicht zum Kaffeekochen!”
“Wo auch immer ich hinkam, war ich die einzige Frau im Raum”, erinnerte sich Morgan später. Immer wieder musste sie Widerstände überwinden, sich ihren Weg freikämpfen. Sie arbeitete für die Raumprogramme Mercury, Gemini und Apollo, wurde zum "senior engineer“ befördert – und sollte trotzdem nicht den Start der Apollo 11 im „Firing Room“ begleiten dürfen. Aber ihr Vorgesetzter kämpfte für sie bis hinauf zum Direktor. So durfte Morgan beim Start mitarbeiten – und die historischen Bilder der einzigen Frau im Kontrollzentrum konnten entstehen.
„Wenn ich mir diese Bilder heute ansehe, dann hoffe ich, dass es so etwas nicht mehr geben wird", so Morgan. "Wenn bei künftigen Missionen zum Mond oder Mars wieder Bilder im Kontrollzentrum gemacht werden, so werden darauf sicher viele Frauen zu sehen sein.“
Raketenhafte Karriere
Der Start war der entscheidende Moment in ihrer Karriere, die danach fast ebenso steil abhob wie die Saturn V. Als erste NASA-Frau erhielt sie das Sloan Fellowship-Stipendium, des es ihr ermöglichte, den Master in Stanford zu machen.
Nach ihrer Rückkehr wurde sie Chefin der Computer Systems Division. Diese wurde damals umgerüstet von den alten, raumfüllenden Rechnern auf modernere, kleinere Geräte. „Meine Mitarbeiter mussten sich gleichzeitig an die neuen Geräte und an mich, also an eine Frau als Chef, gewöhnen – ein bißchen viel auf einmal für manche“, so Morgan später.
Weitere wichtige Führungspositionen folgten. Unter anderem wurde sie später als erste Frau Associate Director des Centers und „Director of Safety and Mission Assurance“ und somit eine von zwei Personen, die die finale Starterlaubnis für eine Space Shuttle Mission gaben.
JoAnn Morgan 2018
Seit ihren Anfängen hatte sich einiges geändert, wie sie sich erinnert: „Meine ersten 15 Jahre arbeitete ich bei der NASA in einem Gebäude, in den es nicht mal eine Damentoilette gab. Ich habe es mir dick im Kalender angestrichen, als es endlich so weit war.“
Als Director of External Relations and Business Development ging JoAnn Morgan 2003 hochdekoriert in den Ruhestand.
Stand: 13.11.2024
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