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Nikola Tesla
Nikola Tesla 1896 vor ein großen Spiralspule
Fantastischer Erfinder - Erfinderischer Fantast?
Einer der bedeutendsten Erfinder auf dem Gebiet der Elektrotechnik war lange Zeit halb vergessen: Nikola Tesla. Heute ist sein Name dank einer nach ihm benannten Elektroautofirma wieder in aller Munde. Nikola Tesla, eine der schillerndsten Figuren der Technikgeschichte, trug entscheidend dazu bei, den Wechselstrom als Standard durchzusetzen. Er meldete zahlreiche wegweisende Patente an, aber manche seiner technischen Visionen überschritten die Grenzen zum Fantastischen.
Nikola Tesla wurde am 10. Juli 1856 in Smiljan geboren. Heute liegt der Ort in Kroatien, damals gehörte er zum österreichischen Kaiserreich. Tesla studierte mit schwankendem Engagement in Graz und Prag, wurde in Paris Mitarbeiter der Continental Edison Company und ging 1884 nach Amerika. Wieder arbeitete er für Edison, bis es zu einem Zerwürfnis kam und Tesla schließlich zu dessen Konkurrenten George Westinghouse wechselte.
Im sogenannten „Stromkrieg“ zwischen Thomas Edison, der den Gleichstrom zum Standard machen wollte, und Westinghouse, der auf Wechselstrom setzte, spielte Tesla eine entscheidende Rolle. Auf Wechselstrom basierte eine seiner wichtigsten Erfindungen, der Induktionsmotor mit dem rotierenden Magnetfeld, die erste Zweiphasen-Drehstrom-Synchronmaschine ( US381968). Dieses und weitere Wechselstrom-Patente kaufte Westinghouse ihm ab.
Sieg im „Stromkrieg“
Zwei Meilenstein-Projekte von Tesla und Westinghouse markierten ihren Sieg im „Stromkrieg“: die Präsentation von Tesla-Induktionsmotoren und die wechselstrombetriebene Illumination auf der Weltausstellung in Chicago 1893 sowie die Errichtung des Wasserkraftwerks an den Niagarafällen.
Unsere heutige alltägliche Stromversorgung basiert letztlich zu großen Teilen auf Teslas Patenten. Auch die Geschichte des Funks ist undenkbar ohne Teslas Erkenntnisse zur drahtlosen Energieübertragung (Teslas US645576 aus dem Jahr 1900 gilt als das wohl erste Funkpatent).
Der leuchtende Ingenieur
1891 erfand er die Teslaspule, einen Transformator, den er auch bei Vorträgen für spektakuläre Demonstrationen der Elektrizität nutzte, die ihn zu einer Berühmtheit machten. Der Transformator erlaubte es ihm, elektrische Energie in einem Raum kabellos zu übertragen und Leuchtstofflampen zum Scheinen zu bringen, ohne dass diese mit einem sichtbaren Stromkreis verbunden waren ( US454622A). Auch machte er sich in Vorführungen selbst zur „Lichtgestalt“, indem er durch hochfrequente Wechselströme künstlich erzeugte Elmsfeuer an Kleidung und Haaren tanzen ließ.
Tesla erfand die Fernsteuerung für ein Mini-Boot, das – größtenteils unter der Wasseroberfläche schwimmend und mit Sprengstoff bestückt – als Kriegswaffe hätte dienen können. Diese Idee meldete er ausnahmsweise auch in Deutschland zum Patent an („Vorrichtung zur Fernsteuerung von Wasserfahrzeugen mittels elektrischer Wellen“, DE142842).
Drahtloser Strom für alle?
In einem Labor in Colorado fing er Blitze ein und experimentierte mit Hochspannung und Hochfrequenzstrom. Tesla verfolgte Ideen zu drahtloser Beleuchtung und weltweiter kabelloser Stromverteilung. In seinem Wardenclyffe Tower auf Long Island versuchte er sich nach der Jahrhundertwende an einem interkontinentalen drahtlosen Kommunikations- und Energiesender. Der Turm sollte nicht nur über den Atlantik funken, sondern auch drahtlos Strom in der Umgebung verteilen (siehe u.a. „System of transmission of electrical energy“, US645576; „System of signalling, US725605). Aber das Projekt scheiterte letztlich an der Finanzierung.
Vom Blitzableiter bis zur Turbine
Teslas Schwerpunkt war die Elektrotechnik, aber er arbeitete auch in anderen Bereichen. Seine vielseitige Forschungsarbeit schlug sich in diversen Patentanmeldungen nieder: einem Weg zur Isolierung elektrischer Leiter mithilfe von Eis ( AT9098), einer neuartigen „Einrichtung zur Übertragung elektrischer Energie“ ( AT16480) oder auch einem Blitzableiter ( US1266175).
Zu seinen bekanntesten Patenten zählt „Fluid propulsion“, später als „Tesla-Turbine“ bezeichnet ( US1061142, s.a. AT60332), oder „Valvular conduit“, heute „Tesla-Ventil“ benannt ( US1329559).
Auch mit Röntgenstrahlen, Radar, Beleuchtung, Robotik und vielem mehr beschäftigte sich der nimmermüde Erfinder (er soll keine drei Stunden pro Tag geschlafen haben!). Eines seiner letzten Patente (1927) war ein Flugapparat, der Elemente aus Helikopter und Flugzeug kombinierte und somit den Senkrechtstarter antizipierte ( US1655114).
157 Patente von Nikola Tesla findet man in der DPMA-Datenbank DEPATISnet; rund 300 sollen es angeblich insgesamt (gewesen) sein, obwohl er längst nicht alle seine Erfindungen anmeldete (hier ein Überblick).
Aliens und Todesstrahlen
Nach dem Ersten Weltkrieg machte Tesla zunehmend mit teils esoterisch anmutenden Ideen auf sich aufmerksam: Er spekulierte über die Kommunikation mit anderen Planeten, behauptete, eine Art Gedankenkamera und einen von kosmischer Strahlung angetriebenen Motor entwickeln zu können, gab an, dass er die Erde wie einen Apfel spalten könne und verkündete, einen „Todesstrahl“ erfunden zu haben (Näheres dazu auf einer Art wissenschaftlichen Fan-Page).
Letzterer dürfte ein Grund gewesen sein, weshalb nach seinem Tod alle seine Unterlagen von den US-Behörden sichergestellt wurden; heute sind sie online einsehbar im Archiv des FBI.
Leben im Hotel
Mit diesen und ähnlichen tollkühnen Visionen brachte sich der alternde Tesla immer wieder ins Gespräch, aber die Zeit seiner großen Erfindungen war vorbei. Interesse am Unternehmertum hatte der exzentrische, elegante Tesla nie, lebte aber gleichwohl stets auf großem Fuße in den besten New Yorker Hotels. Hatten sich zu große Schulden angehäuft, zog er um. Fast 60 Jahre lang lebte er so in Manhattan und wehrte sich am Ende gegen das schleichende Vergessenwerden.
Zu seinen vielen Marotten gehörte eine Vorliebe für die Zahl 3. In seinem Hotelzimmer im 33. Stock mit der Nummer 3327 (3x3x3=27) starb er am 7. Januar 1943.
Einige Ideen Teslas waren seiner Zeit voraus, andere einfach skurril. Der große Erfinder wurde von der Technikgeschichteschreibung gelegentlich etwas stiefmütterlich behandelt, aber von Esoterikern und New-Age-Fans als Prophet gefeiert, was vor allem an seiner Vision einer „freien“, jederzeit verfüg- und übertragbaren Energie liegen könnte.
Aber seine eigentlichen, durchaus epochalen Leistungen werden heute immer mehr gewürdigt: Die SI-Einheit für die magnetische Flussdichte wurde nach ihm benannt. Laut DPMAregister gibt es 131 Tesla-Marken, etwa für Elektro-Firmen, Energy-Drinks, Seismographie, Schmuck oder Feuerzeuge. Und nicht wenige zählen seinen Induktionsmotor zu den bedeutendsten Erfindungen aller Zeiten.
Text: Dr. Jan Björn Potthast; Bilder: Unbekannt - Public domain via Wikimedia Commons, DEPATISnet, DPMAregister, Napoleon Sarony - Public domain, via Wikimedia Commons
Stand: 11.09.2024
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