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Albert Einstein

Albert Einstein und seine zweite Frau Elsa, um 1921

Albert Einstein und seine zweite Frau Elsa, um 1921

Der bekannteste Patentprüfer aller Zeiten

Jahrhundertgenie, Ikone der Naturwissenschaften, berühmtester Physiker aller Zeiten: Bei Albert Einstein gehen einem die Superlative aus. Vor 143 Jahren, am 14. März 1879, wurde er in Ulm geboren. Nicht allgemein bekannt ist, dass Einstein jahrelang als Patentprüfer und Gutachter gearbeitet hat und auch selbst Erfindungen zum Patent anmeldete.

Mann des Jahrhunderts

Die amerikanische Zeitschrift „Time“ wählte Einstein 1999 zur „externer Link Person des Jahrhunderts “. In Einsteins facettenreicher Biographie spiegelt sich das bewegte 20. Jahrhundert: Der begabte junge Querkopf, der in den autoritären Lehranstalten des Kaiserreiches aneckt. Das unerkannte Genie, das sich lange mit Broterwerbsjobs über Wasser halten muss. Der leidenschaftliche Pazifist, der ohnmächtig zwei Weltkriege erlebt und gegen seine Überzeugung die Entwicklung der Atombombe fordert. Der weltweit gefeierte Wissenschaftler, der in seiner Heimat angefeindet und schließlich verfolgt wird. Der Flüchtling, der sein Geburtsland verlassen muss und in den Demokratien des Westens seine neue Heimat findet. Der Jude, dessen Cousine im Konzentrationslager ermordet wird. Der Kämpfer für Frieden, Vernunft, Abrüstung und Toleranz, der die atomare Bedrohung eindämmen will, der er selbst ein Stück weit den Weg geebnet hat.

Anlaufschwierigkeiten eines Genies

Einsteins junge Jahre waren keine Erfolgsgeschichte („Die wirklich wichtigen Dinge werden anders gelernt als durch Worte“, sollte er später sagen): Er brach das Gymnasium in München ab und fiel durch die Aufnahmeprüfung am Polytechnikum Zürich (heute Eidgenössische Technische Hochschule). Nachdem er die „Matura“ in Aarau nachgeholt (entgegen der Legende übrigens mit durchaus guten Noten!) und erfolgreich ein Studium als Fachlehrer für Mathematik und Physik in Zürich absolviert hatte, bewarb er sich immer wieder erfolglos um akademische Assistentenstellen. Notgedrungen schlug er sich als Aushilfs- und Nachhilfelehrer durch und lebte am Existenzminimum.

Schließlich verhalf ihm „Vitamin B“ zur rettenden Anstellung: Sein Studienfreund Marcel Grossmann war mit dem Direktor des Schweizer Patentamts (externer Link Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum) in Bern, Friedrich Holler, befreundet. Trotz eines nicht optimal verlaufenen Vorstellungsgesprächs wurde Einstein dank dieser Fürsprache als Patentprüfer auf Probe eingestellt.

„Experte dritter Klasse“

Albert Einstein als eidgenössischer Patentprüfer

Albert Einstein als eidgenössischer Patentprüfer

Ab dem 23. Juni 1902 arbeitete Albert Einstein als „technischer Experte dritter Klasse“ und prüfte Patentanmeldungen auf mechanischem Gebiet. 292 Schweizer Franken monatlich erhielt er dafür, was damals für ein Auskommen ohne Not reichte.

Die Arbeit als Patentprüfer sah Einstein als „Brotberuf“, der ihn nicht auslastete; in seiner Freizeit widmete er sich der theoretischen Physik und arbeitete an seiner Doktorarbeit. Später schrieb er, dass „die Ruhe des weltlichen Klosters und die materielle Beruhigung für die schweren Zeiten“ für ihn sehr hilfreich waren. Hier prüfte er zum Beispiel Kiessortiermaschinen ( pdf-Datei CH39561) und Wetteranzeiger ( pdf-Datei CH39619 ). Während der Arbeit an seinem Stehpult im Zimmer 86 an der Ecke Speichergasse/Genfergasse griff der junge Patentprüfer immer mal zur Geige, die ihm angeblich beim Denken half.

1904 endete seine Probezeit; er wurde fest angestellt. Eine Beförderung wurde zunächst verschoben, weil der Patentamtsdirektor meinte, Einstein müsse sich erst noch besser in das Maschinenwesen einarbeiten. Wahrscheinlich war dieser tatsächlich mit seinen Gedanken woanders: Das Jahr 1905 ging als „annus mirabilis“ in die Wissenschaftsgeschichte ein. Einstein veröffentlichte einige seiner wichtigsten Werke, darunter die Abhandlung über den photoelektrischen Effekt (für die er später den Nobelpreis bekam) und die Spezielle Relativitätstheorie (mit der berühmten Formel E = mc²). Kurz: Eine „Explosion von Genie“ (C.F. v. Weizsäcker).

„Ehrwürdiger eidgenössischer Tintenscheißer“

Seine Prüferzeit schilderte Einstein damals in einem Brief so: „Mir geht es gut; ich bin ein ehrwürdiger eidgenössischer Tintenscheißer mit ordentlichem Gehalt. Daneben reite ich auf meinem alten mathematisch-physikalischen Steckenpferd und fege auf der Geige“. Im April 1906 wurde er doch noch zum „Experten zweiter Klasse“ befördert. Sein Monatsgehalt erhöhte sich auf 375 Schweizer Franken.

Seine Doktorarbeit hatte er 1905 erfolgreich eingereicht, aber seine Habilitation wurde 1907 von der Universität Bern zunächst abgelehnt. Erst ein Jahr später war er erfolgreich und konnte nun nebenbei als Privatdozent wirken. Seine Vorlesungen hielt er vor bzw. nach seiner Arbeitszeit im Patentamt: Von 7 bis 8 Uhr oder 18 bis 19 Uhr. Im ersten Semester soll er nur drei Zuhörer gehabt haben, darunter zwei Patentamts-Kollegen.

Einsteins fruchtbarste Jahre

In der Ruhe und Beschaulichkeit seines Büros kam ihm 1907 ein Geistesblitz, den er später als „den glücklichsten Gedanken meines Lebens“ bezeichnete: „Ich saß auf meinem Sessel im Berner Patentamt, als mir plötzlich folgender Gedanke kam: ‚Wenn sich eine Person im freien Fall befindet, dann spürt sie ihr eigenes Gewicht nicht‘. Ich war verblüfft. Dieser einfache Gedanke machte auf mich einen tiefen Eindruck. Er trieb mich in Richtung einer Theorie der Gravitation“ – und somit auf den Weg zur allgemeinen Relativitätstheorie.

Sieben Jahre arbeitete Einstein am Schweizer Patentamt. Heute gilt er als der berühmteste aller Patentprüfer (angesichts seiner intensiven Nebentätigkeiten aber vermutlich nicht als bester…). 1909 erhielt er dann endlich eine außerordentliche Professur für theoretische Physik an der Universität Zürich und konnte sich fortan ausschließlich der Wissenschaft widmen. Aber seine vielleicht wichtigsten Arbeiten entstanden in seiner Zeit als Patentprüfer.

Einstein als Patent-Gutachter und Erfinder

Einstein 1921

Einstein 1921

Auch später, als Albert Einstein längst zur Ruhm und Ehren gekommen war, beschäftigte er sich weiter mit Patenten: Zwischen 1915 und 1928 fertigte Einstein diverse Gerichtsgutachten zu Patentstreitigkeiten an, aber auch Privatgutachten für Firmen.

Ein Beispiel: Im Verfahren um die Verletzung eines Patentes zum Kreiselkompass, das der Kieler Unternehmer Hermann Anschütz-Kaempfe 1905 beim Kaiserlichen Patentamt angemeldet hatte, wurde Einstein als Gutachter herangezogen. Nach anfänglichem Zaudern beschäftigte er sich sehr intensiv mit dem Kreiselkompass, bewies zunächst die Verletzung des Patents und beteiligte sich dann selbst an dessen Weiterentwicklung. Für seinen erfinderischen Beitrag, der wohl hinter Anspruch 4 von pdf-Datei DE394667A steckt, soll Einstein jahrelang eine Beteiligung am Verkaufserlös erhalten haben. In Kiel erinnert heute ein Denkmal an die Zusammenarbeit der beiden Hobbysegler beim Kreiselkompass.

Längst war der ehemalige Patentprüfer Nobelpreisträger, Ehrendoktor verschiedener Universitäten und Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik in Berlin, als er Mitte der 1920er Jahre begann, sich verstärkt als Erfinder zu betätigen.

Einstein und Szilard erfinden den Kühlschrank neu

Ein Unglück gab den Anstoß: Eine Zeitung meldete, dass eine Familie im Schlaf durch giftige Dämpfe eines Kühlmittels, die aus dem defekten Pumpenventil eines Kühlschranks austraten, getötet worden war. Einstein war so betroffen, dass er nach einem neuen, ungefährlichen Kühlsystem suchte. Als Mitstreiter stand ihm einer seiner Studenten zur Seite: Leo Szilard. Der Ungar wuchs gerade zu einem der größten Kernphysiker heran, arbeitete später in den USA mit Enrico Fermi am ersten Atomreaktor und blieb Einstein zeitlebens verbunden.

Einstein und Szilard entwarfen einen Kühlschrank mit elektromagnetischer Pumpe (ohne Ventil). Insgesamt erhielten die beiden für ihre Kältemaschinen, Pumpen, Kompressoren und Verfahren zur Kälteerzeugung, die sie zwischen 1926 und 1932 anmeldeten, zehn Patente vom Reichspatentamt und 12 weitere im Ausland (z.B. pdf-Datei DE563403A, pdf-Datei DE565614A).

Aber sie hatten nicht sehr viel davon: keiner ihrer Kühlschränke ging je in Serienproduktion. Die schwedische Firma Elektrolux AG kaufte zwei der Patente, nutzte sie aber nicht. Die AEG erwarb die Lizenz für eine elektromagnetische Pumpe, aber mehr als ein Prototyp wurde nicht daraus. Der Mißerfolg lag auch daran, dass 1929 ein neues, risikoarmes Kältemittel entdeckt worden war: Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW).

Katzbuckel und Hörgerät

DE563403A

"Kältemaschine", DE563403A

Außerdem hatte Einstein sich schon früher mit dem Strömungsverhalten von Flugzeug-Tragflächen auseinandergesetzt und eine neue Profilform entwickelt. Die Tragflächen wurde wegen ihrer Form „Katzbuckelflügel“ genannt, fielen bei einem Praxistest aber durch.

Mit dem Berliner Ingenieur Dr. Rudolf Goldschmidt meldete Einstein 1929 beim Reichspatentamt ein Knochenleit-Hörgerät zum Patent an. Die Anregung dazu kam wohl von einer schwerhörigen Nachbarin, einer Sängerin. Als das Patent erteilt wurde ( pdf-Datei DE590783A, 21.12.1933), benannte das Reichspatentamt den Erfinder „Dr. Albert Einstein früher in Berlin, jetziger Wohnsitz unbekannt“: Einstein war nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in den USA geblieben.

Er kehrte nie wieder nach Deutschland zurück.


Genies unter sich

Albertt Einstein und Charlie Chaplin

Als Einstein 1931 Charlie Chaplin bei einer Filmpremiere traf, soll es zu folgendem Dialog gekommen sein:

Einstein: "Was ich an Ihrer Kunst am meisten bewundere, ist ihre Universalität. Sie sagen kein Wort, aber die ganze Welt versteht Sie!"
Chaplin: "Stimmt. Aber Ihre Kunst ist noch größer! Die ganze Welt bewundert Sie, auch wenn keiner ein Wort davon versteht, was Sie sagen."

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Bilder: Underwood and Underwood, New York/Public domain via Wikimedia Commons, Lucien Chavan / ETH Zürich (Public domain, via Wikimedia Commons), Ferdinand Schmutzer / Public domain via Wikimedia Commons, DEPATISnet, Photoplay Publishing (Public domain, via Wikimedia Commons)

Stand: 09.04.2024