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Von MIPEX zu DPMAdirekt - Erfolgsstory der papierlosen Anmeldung im DPMA
20 Jahre digitale Schutzrechtsanmeldung und 2 Millionen eingegangene Dokumente
Vom "MIPEX-Projekt" zu "PaTrAS" - europäische Patentämter entwickeln zusammen sichere Online-Antragsverfahren
Ende der 90er Jahre waren im Internet in Webseiten eingebettete Formulare, für den Laien intransparente Dateiübertragungsprotokolle und erste (offene) Messenger-Dienste sowie E-Mail üblich. Sichere Transaktionssysteme dagegen wurden erst diskutiert und erprobt. An eine rechtssichere Online-Transaktion wurden allerdings schon damals hohe Anforderungen wie Verschlüsselung, ein sicherer Übertragungsweg, Authentifizierung und eine digitale Signatur gestellt.
Da keine kommerzielle, fertige Software für diese Aufgaben verfügbar war, starteten einige europäische Patentämter 1996 das "MIPEX-Projekt" (für: Message based Industrial Property information EXchange). Neben der sicheren Vernetzung dieser Patentämter war ab 2000 die Entwicklung von sicheren Online-Antragsverfahren eine der Hauptaufgaben.
Letztlich gaben die Patentämter Deutschlands, des Vereinigten Königreichs, Schwedens, Dänemarks und der Schweiz gemeinsam ein Softwarepaket ("PaTrAS – Patent and Trademark Application System") in Auftrag, das international anwendbar sein sollte.
Der damals gewählte Übertragungsweg war der Einfachheit halber die E-Mail mit verschlüsseltem und signierten Anhang. Dagegen waren die Anforderungen an die Strukturierung der Daten besonders anspruchsvoll: Damit alle in den Ämtern eingegangenen Daten ohne weitere aufwändige manuelle Bearbeitung oder Konvertierung verarbeitet werden konnten, waren nur strukturierte Daten vorgesehen. So wurde die Übermittlung der Anmeldedaten und aller Volltexte in WIPO-Standard-konformem XML implementiert. Mit der Anforderung, auch die Volltexte derart zu strukturieren, ging das MIPEX-Projekt weit über parallellaufende Projekte des japanischen und europäischen Patentamtes hinaus.
4. Juli 2002: Erste elektronische Anmeldung geht beim DPMA ein
Im Jahr 2001 war PaTrAS technisch einsatzbereit und im Probebetrieb. Großanmelder und Anbieter von Schutzrechtsverwaltungssystemen wurden zur Integration von PaTrAS in die eigenen Workflows geschult. Die erste elektronische Anmeldung der Siemens AG (Patentschrift: DE 102 30 170 B3) ging am 4. Juli 2002 beim DPMA ein (parallel noch in Papierform). Im August 2003 konnte die elektronische Anmeldung dann mit Inkrafttreten der "Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im gewerblichen Rechtsschutz" in Echtbetrieb gehen.
PaTrAS im Projekt BundOnline2005 auf der CeBIT 2003 und 2004
PaTrAS wurde nicht schnell zu einem Erfolgsmodell: Die hohen Anforderungen an die einzureichenden Daten und die aufwändige Beschaffung der Signaturkarten waren zunächst eine Hürde für die Anmelderschaft. Das System selbst war zu dieser Zeit einzigartig: Man konnte damit ein komplettes, signiertes Dokumentenpaket mit Antrag, Volltexten und Bildern verarbeiten. Dementsprechend fand PaTrAS auch in anderen Projekten Beachtung: Die elektronische Anmeldung beim DPMA wurde Bestandteil des Projekts BundOnline2005 und unter anderem auf der CeBIT 2003 und 2004 vorgestellt.
Das DPMA übernahm die serverseitige Software der elektronischen Annahmestelle vom Projekt BundOnline2005; diese vervollständigte das System zur Online-Übertragung. Auch mit dem europäischen Patentamt kam es zu einer Zusammenarbeit: Die beiden Ämter vereinbarten, dass deutsche und europäische Anmeldungen im WIPO-Datenstandard wechselseitig sowohl beim EPA als auch beim DPMA eingereicht werden können. Diese Vereinbarung erleichterte den Anmeldern die Nutzung: Einerseits mussten sie nur ein Softwarepaket installieren, entweder PaTrAS oder die Software des EPA. Andererseits konnte man so leichter Signaturkarten bekommen, denn das EPA gab bereits eigene Signaturkarten heraus.
Durch die Verwendung der XML-Techniken und Datenstandards der WIPO wurde so ein zukunftssicheres und leicht erweiterbares System geschaffen, das die Integration in andere Systeme und die Konstruktion von Schnittstellen erleichtert. Das DPMA hatte damit eine Vorreiterrolle im Bereich eGovernment übernommen.
DPMAdirekt - alles in einem Programm
Die ursprüngliche Idee, dass kundenseitige Schutzrechtsverwaltungssysteme die notwendigen Daten erstellen und diese mit PaTrAS validieren und versenden, fand zum damaligen Zeitpunkt nicht den erwarteten Zuspruch. Aus diesem Grund entwickelte das DPMA die Anwendung DPMAdirekt, mit der die Kundinnen und Kunden alle für eine Anmeldung notwendigen Schritte in einem einzigen Programm durchführen konnten. Dazu wurden die vorhandenen Komponenten von PaTrAS in die neue Anwendung DPMAdirekt integriert. Um die Einreichung elektronischer Patentanmeldungen weiter zu erleichtern, konnte man ab Juli 2007 die Textbestandteile (Zusammenfassung, Beschreibung und Ansprüche) als PDF-Dateien übermitteln.
In den nächsten Jahren wendeten sich die anderen Ämter des MIPEX-Projekts eigenen, nationalen Lösungen zu, so dass aus der Software des DPMA eine rein nationale Lösung wurde. Ab 2012 wurden die Ergebnisse des MIPEX-Projekts nur noch in Deutschland eingesetzt. Ab diesem Zeitpunkt arbeitete des DPMA intensiver mit den internationalen Ämtern, der WIPO und dem EPA zusammen.
DPMAdirektWeb: seit 2013 Marken- und Designanmeldung auch über einen webbasierten Dienst möglich
Bei Marken und Designs blieb der Anteil der elektronischen Einreichungen hinter den Erwartungen zurück. Analysen ergaben, dass viele Anmelder dieser Schutzrechte nur relativ wenige Anmeldungen tätigen. Es erschien den Anmeldern wohl nicht rentabel, eine Signaturkarte beschaffen und zusätzlich eine spezielle Software installieren zu müssen. Seit November 2013 kann man daher mit DPMAdirektWeb einfach und unkompliziert Marken- und auch Designs über die Bedienoberfläche eines Webbrowsers anmelden. Dieses niederschwellige Angebot führte dazu, dass mittlerweile der Großteil der Marken und Designs auf diesem Weg beim DPMA eingereicht wird.
Wir haben den elektronischen Zugang seitdem über die reine Anmeldung hinaus erweitert. So konnten schon seit 2013 die ersten Patent-Dokumente nachgereicht werden; inzwischen kann man das für sämtliche Schutzrechtsarten und einen Großteil aller möglichen Dokumente.
Darüber hinaus wurde die ursprüngliche Idee der Integration in kundenseitige Schutzrechtsverwaltungssysteme durch die Bereitstellung einer umfassenden Schnittstelle in DPMAdirektPro weitergeführt und inzwischen von allen großen Systemen auf dem Markt angesprochen.
Inzwischen gesamte Korrespondenz medienbruchfrei möglich
Lange Zeit war die Kommunikation über die Dienste DPMAdirektPro und DPMAdirektWeb recht einseitig. Die Kundinnen und Kunden konnten Anmeldungen und Dokumente einreichen und erhielten eine Eingangsbestätigung als Antwort – im Fall einer Anmeldung auch das Aktenzeichen. Erst mit dem überarbeiteten DPMAdirektPro ist seit 2017 auch der elektronische Versand seitens des DPMA an die Nutzer ermöglich. Nach einer Registrierung für den elektronischen Versand konnten Kunden nun Daten in DPMAdirektPro empfangen und in ihre eigenen Systeme automatisiert exportieren und so die gesamte Korrespondenz medienbruchfrei führen.
Die Vorteile von DPMAdirektPro für beide Seiten sind offensichtlich: Mit geringeren Gebühren Schutzrechte anmelden und sofort eine Eingangsbestätigung erhalten. Dabei werden die Kunden Schritt für Schritt durch die Anmeldung und das Nachreichen weiterer Dokumente im Verfahren geführt und die Daten umfangreichen Plausibilitätsprüfungen unterzogen. Auf diese Weise kann man Unstimmigkeiten sofort beheben. Beim DPMA führt diese Vorverarbeitung der digitalen Daten zu weniger Fehlern und damit Beanstandungen. Gleichzeitig profitieren die Prüfungsstellen von einer verbesserten Datenqualität. Weitere Komfort-Funktionen der Anwendung sind Importe von Adressbüchern, Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse für Marken und das Erstellen wiederkehrender Vorlagen für Schutzrechtsanmeldungen oder Nachreichungen.
Markenrechtsmodernisierungsgesetz (MaMoG) und geänderte Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Deutschen Patent- und Markenamt (ERVDPMAV) - DPMAdirektWeb mit neuen Funktionen
Im Rahmen des Markenrechtsmodernisierungsgesetzes (MaMoG) und der geänderten Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Deutschen Patent- und Markenamt (ERVDPMAV), haben wir DPMAdirektWeb um zahlreiche Funktionen erweitert, zum Beispiel um die Anmeldung neuer Markenformen. Unterbrechungen beim Befüllen der Web-Anwendung sind jederzeit möglich, da die Arbeitsfortschritte exportiert werden können und zu einem späteren Zeitpunkt die Bearbeitung aufgenommen werden kann. Auch Gesuche um internationale Registrierung deutscher Marken, die das DPMA an die WIPO weiterleitet, sind über DPMAdirektWeb möglich. Diese fachlichen Anpassungen waren nur mit der gleichzeitigen Umstellung auf eine neue Technologie möglich. Die gewonnenen Erfahrungen konnten wir anschließend in die Adaption der Schutzrechtsanmeldung DPMAdirektWeb für Designs und die SEPA-Mandatsverwendung einfließen lassen.
Meilensteine der digitalen Schutzrechtsanmeldung beim DPMA
Im Dialog mit unseren Kundinnen und Kunden
Wir bieten regelmäßig Workshops und Dialogveranstaltungen für unsere Kundinnen und Kunden an. Zudem erhalten wir regelmäßig Input über den technischen Support der Anwendungsbetreuung, den zentralen Kundenservice des DPMA und aus den Schutzrechtsbereichen. Das so gewonnene Feedback geben wir an die Produkt-Entwicklung weiter, um das beste Ergebnis für alle Beteiligten zu erzielen. Zum Beispiel haben wir 2020 die Bedienoberfläche beider Fachanwendungen so gestaltet, dass durch eine veränderte Navigation in jeder Schutzrechtsart nahezu jeder Dokumenteninhalt selektierbar ist. Durch die bessere Kategorisierung der Dokumententypen ist eine zügige Weiterverarbeitung möglich.
Das DPMA legt höchsten Wert auf den Schutz personenbezogener Daten und sichere IT-Anwendungen. Daher versuchen wir immer, einen zwischen den Randbedingungen des Datenschutzes, der IT-Sicherheit und nutzerfreundlicher Kommunikationswege praktikablen Kompromiss zu finden. So ermöglichen wir einerseits eine sichere Nutzer-Authentifizierung und andererseits ein schnell und unkompliziert verfügbares Angebot an digitaler Kommunikation mit dem DPMA. Für die erste Million der beim DPMA eingereichten Dokumente vergingen nach Projektstart 17 Jahre, die zweite Million haben wir bereits nach zweieinhalb Jahren erreicht. Wann die nächste Million voll ist, lässt sich schwer vorhersagen. Eines ist aber sicher: Wir werden den Dienst weiterentwickeln und für Sie noch kundenfreundlicher machen.
Stand: 25.10.2024
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