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Tag der "grünen" Technologien

Sonnenkollektoren und Windräder

DPMA bildet Prüferinnen und Prüfer zu neuen Energiesystemen fort

Erneuerbare Energien, Speichertechnik und zunehmende Anforderungen an die Stromnetze: Beim Tag der Technik im Deutschen Patent- und Markenamt referieren externe Fachleute aus verschiedenen Bereichen vor 300 Beschäftigten des DPMA zu technischen Herausforderungen der Energiewende – und zu innovativen Lösungen.

Mit breiter Perspektive und tiefem Wissen zu Erneuerbaren Energien einen Beitrag zum Lösen gesellschaftlicher Herausforderungen leisten: Beim Tag der Technik haben sich Patentprüferinnen und Patentprüfer und Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bereichen des Deutschen Patent- und Markenamts sowie technische Richter als Gäste aus dem Bundespatentgericht in puncto Transformation der Energiesysteme fortgebildet.

Dr. Maria Skottke-Klein beim Vortrag

DPMA-Vizepräsidentin Dr. Maria Skottke-Klein

Dr. Maria Skottke-Klein, Vizepräsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts, unterstrich bei der Eröffnung im DPMAforum vor rund 300 Menschen, dass bei Erneuerbaren Energien Produktion und Verbrauch in vielen Fällen entkoppelt ablaufen. Sonne, Wind, Wasser: Strom aus diesen Quellen entsteht dezentral. „Immer mehr Bereiche unseres Lebens werden elektrifiziert“, sagte die Vizepräsidentin. All dies sei herausfordernd fürs Speichern und Verteilen von Energie.

Wer nimmt diese Herausforderungen innovativ und unternehmerisch an, wer trägt mit Erfindungen zum Lösen der komplexen Aufgaben bei? Dr. Maria Skottke-Klein zitierte aus einer statistischen Auswertung des DPMA: In Schlüsselbereichen nahmen die veröffentlichten Patentanmeldungen mit Wirkung für Deutschland zuletzt wieder deutlich zu. Die Zahl der veröffentlichten Patentanmeldungen zu Solarkraft, Windkraft und Co. hatte 2023 um knapp 20 Prozent zugelegt. Bei der Batterietechnik gab es ein Plus von mehr als 30 Prozent. Im Bereich Solar und Batterie sei dabei freilich China führend, bei der Windkraft Dänemark.

Kompetent über Schutzfähigkeit entscheiden

Ein Überblick zum Einsatz von Erneuerbaren Energien in Deutschland – und ein Blick auf konkrete Lösungen. Beim Tag der Technik erwarben Patentprüferinnen und Patentprüfer wichtiges Wissen, um über die Schutzfähigkeit von Innovationen im Bereich grüne Technologien entscheiden zu können. Ein Weiterbildungs-Tag, der zeigte: Um den Klimawandel abzumildern, braucht es sowohl Spitzenforschung wie auch intelligente Innovationen fürs Detail.

Im Video: Das war der Tag der Technik 2024

Elektronen-basiert statt Molekül-basiert

Von der genialen Idee zur marktfähigen Lösung, mit gewerblichen Schutzrechten den Nutzen für die Volkswirtschaft wie für den einzelnen Menschen mehren: Prof.-Dr. Ing. habil. Oliver Mayer von Bayern innovativ forderte dabei wieder mehr Mut zum unternehmerischen Risiko sowie das Vernetzen von systemischem Denken mit Details. Den technologischen Paradigmenwechsel beschrieb Oliver Mayer so: "Wir bewegen uns von der Molekül-basierten Energiewirtschaft zur Elektronen-basierten Energiewirtschaft." Mayer gab einen Überblick zu Praxis und Relevanz von grünen Lösungen – von Agri-PV-Anlagen, die den Anbau von Früchten auf landwirtschaftlichen Flächen mit der Produktion von Sonnenstrom verbinden, bis zur Geothermie und von schwimmenden PV-Anlagen auf Baggerseen bis zu Wasserkraftanlagen. Eines der kniffligen Details besteht laut Oliver Mayer derzeit zum Beispiel darin, dass Rotorblätter von Windkraftanlagen so groß sind, dass man sie nur sehr schwer transportieren kann: ein Problem für den flächendeckenden Einsatz von Windkraft. Eine Lösung könne eventuell in faltbaren Rotorblättern liegen.

Resilienz und Unabhängigkeit stärker gewichten

Oliver Mayer beim Vortrag

Professor Oliver Mayer von Bayern innovativ

Neben Margen in den einzelnen Bereichen sollten, so Mayer, aus volkswirtschaftlicher Sicht Aspekte wie Resilienz und Unabhängigkeit bei der Energieversorgung viel stärker gewichtet werden. Um für die Energiewende zu begeistern, arbeite Bayern innovativ auch mit neuen kommunikativen Ansätzen: Lediglich 20 Prozent der Bevölkerung können laut Mayer mit Darstellungen aus technischer Perspektive etwas anfangen. "Wir arbeiten daher in der Kommunikation verstärkt mit der Kreativwirtschaft zusammen." Die wesentlichen Anforderungen der Transformation aus Sicht von Oliver Mayer: Batterietechnologie sei entscheidend, um die Energieproduktion aus regenerativen Quellen und den Verbrauch räumlich voneinander entkoppeln zu können. Auf die Energienetze komme es an, um die zeitliche Verschiebung zu managen. Mayer unterstrich, dass für die Energiewende in komplexen Systemen gedacht werden müsse, ohne gleich alles zu Ende denken zu müssen. Toleranz und Gelassenheit im Umgang mit dem ein oder anderen losen Ende sei gefragt.

Dezentraler Ansatz in der Transformation

Blick in die Energienetze: Diese seien nicht für Erneuerbare Energien konzipiert und gebaut, zudem habe Deutschland mit einer veralteten Infrastruktur zu kämpfen. Dabei werde der Stromverbrauch in der Bundesrepublik weiter steigen – unter anderem, weil sich E-Autos und Wärmepumpe weiter verbreiten dürften. Allein im Jahr 2022 gingen laut Mayer über acht Terawattstunden Strom – also acht Milliarden Kilowattstunden – aus Erneuerbaren Energien verloren, weil Netze an ihre Grenzen kamen. Das waren fast eineinhalb Prozent der gesamten Stromerzeugung; Tendenz steigend. Oliver Mayer plädierte für den dezentralen Ansatz für die Energiewende. In den einzelnen „Energiezellen“, also Regionen, sollte es einen möglichst hohen Eigenverbrauch geben.

"Dunkelflaute spielt keine Rolle"

Philipp Wagner beim Vortrag

Philipp Wagner, Geschäftsführer der Litricity GmbH

Ein Erfinder, der tagtäglich mit Blick für Wirtschaftlichkeit an der Transformation der Energiewirtschaft arbeitet: Philipp Wagner, Geschäftsführer der Litricity GmbH, treibt Speicherlösungen mit der sogenannten Redox Flow Batterie voran. Diese Speicher, auch Flussbatterie oder Flüssigbatterie genannt, stellen elektrische Energie aus Elektrolytlösungen bereit. Sie sind mit einem Zwei-Tank-System aufgebaut. Wagner plädierte dafür, die Wucht und die Möglichkeiten mit Erneuerbaren Energien in Europa ganzheitlich zu betrachten. Das Phänomen Dunkelflaute – also der gleichzeitige Mangel von Sonnen- und Windstrom – spielt aus seiner Sicht beispielsweise keine Rolle, wenn Deutschland auf die große Kapazität der norwegischen Pumpspeicherkraftwerke zurückgreifen würde. Roter technologischer wie strategischer Faden für Wagner: Bei großen Innovationen kommt es auf die kleinen Dinge an, um die Energieeffizienz weiter zu verbessern. Beispiel Nummer eins: Bei Redox-Flow-Batterien ist der Flüssigkeitsbehälter als Auffangwanne konzipiert. Beispiel Nummer zwei: Optimieren der Verbindungsstellen bei Kohlefaserstrukturen für Windkrafttürme. Beispiel Nummer drei: Minimieren der Reibung zwischen Verschalungen und Betonteilen bei Windkraftanlagen. Ob Betontechnik oder Batterietechnologie: Wagner machte bei seinem fachlichen Input auch deutlich, dass das Thema gewerbliche Schutzrechte, das Patentieren von Innovationen bei ihm stets mitschwingt.

Mehr Speed durch Power-to-Heat

Markus Hilpoltsteiner beim Vortrag

Markus Hilpoltsteiner, Geschäftsführer der ELWA GmbH

"Ich übergebe jetzt an die vierte Generation im Unternehmen, aber ich reiche noch ein Patent ein." Markus Hilpoltsteiner, Geschäftsführer der ELWA GmbH, stellte beim Tag der Technik eine Lösung aus dem Bereich Sektorenkopplung vor: Power-to-Heat, also Umwandeln von elektrischer Energie in Wärme. Er ließ auch erkennen, dass die ein oder andere gute Idee aus dem 1931 gegründeten Familienunternehmen von anderen zum Patent geführt worden sei. Die Transformations-Geschwindigkeit hierzulande brachte Hilpoltsteiner so auf den Punkt: "Beim Umstellen auf regenerative Energien sind wir in Deutschland nicht auf dem Speed, den wir haben sollten." Windstrom in Wärme umwandeln – das ist ein Baustein der Energiezukunft Fuchstal. In das Konzept in der oberbayerischen Gemeinde ist neben der Power-to-Heat-Anlage von ELWA auch ein Batteriespeicher eingebunden. "Da war ich auch schon mit einer Besuchergruppe aus Südkorea vor Ort", erzählte Hilpoltsteiner. Er stellte am Tag der Technik weitere Projekte vor, Projekte in der Industrie und mit Energieversorgern. Beispiel einer cleveren Detaillösung: Um ein Hotel in den Tiroler Bergen elektrisch zu heizen, wird Überschussstrom einer Liftanlage genutzt. Dieser Strom stammt derzeit noch nicht aus regenerativen Quellen – immerhin verpufft davon nun weniger. Auf die vergangenen beiden Jahre blickte Markus Hilpoltsteiner so zurück: "Die Kostensteigerung beim Gas hat definitiv einen Prozess angestoßen." Der immense Wärmebedarf in der deutschen Industrie müsse aus grünem Strom gedeckt werden, um die Klimaschutzziele erreichen zu können. "Wir müssen uns in gewisser Weise neu erfinden. Und wir müssen uns um die Themen kümmern, die uns schnell voranbringen."

Künstliche Intelligenz fürs Energiemanagement nutzen

Grundbedürfnisse des Menschen nach Wärme oder Mobilität mit Erneuerbaren Energien erfüllen, die volkswirtschaftliche Leistung mit grünen Technologien neu ausrichten. Die Referenten beim Tag der Technik machten deutlich, dass Klimaschutz und Digitalisierung unbedingt zu verknüpfen sind. So könne laut Oliver Mayer Künstliche Intelligenz das Energiemanagement in Regionen voranbringen. Markus Hilpoltsteiner drückte es so aus: "Wenn ein Unternehmen auf Erneuerbare Energien umstellt, sind Daten fast das Wichtigste: Daten zu Lastgängen, zu Lastspitzen."

Wissen für wichtige Transformationsziele

Vom Datenschatz zum Wissensschatz: Beim Tag der Technik lernten die Patentprüferinnen und Patentprüfer viele innovative Pfade für die Energiewende kennen. "In den Vorträgen hat sich auch gezeigt, dass nicht nur technische Probleme zu lösen sind, sondern auch ein großer politischer Handlungsdruck besteht, um die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu schaffen", sagte Detlev-Georg Schmidt-Bilkenroth, Leiter der Abteilungsgruppe Physik in der Hauptabteilung 1 "Patente und Gebrauchsmuster" im DPMA und Moderator der Veranstaltung. „Und wir haben gesehen, dass auch kleine Details, die auf den ersten Blick naheliegend erscheinen, zu guten Lösungen führen: Durchaus ein Denkanstoß bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit.“ Für Programm, Referenten und Organisation zeichnete Justus Sebastian Kruse verantwortlich, Patentprüfer und Referent der Leitung H1. Er fasst zusammen: „Wir wollten einen geschärften Blick auf die kritischen Pfade zu einer nachhaltigen und dekarbonisierten Welt mit regenerativen Energien ermöglichen. Dieses Ziel haben wir mit dem Tag der Technik erreicht.“

Bilder: DPMA, jeweils zum Vergrößern klicken

Stand: 07.11.2024