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iENA 2024
Hygienische Zahnbürstenhalter, müllsammelnde Schiffe und Innovatives aus dem Tierreich
Auf der iENA in Nürnberg haben Erfinderinnen und Erfinder in diesem Jahr wieder eine Plattform, um ihre Neuentwicklungen Lizenznehmern oder Käufern anzubieten. Unter den mehr als 500 Erfindungen finden sich nahezu marktreife Innovationen – aber auch erste Ideen von Jungforscherinnen und Jungforschern mit Potenzial.
Zahnarzt Christian Flasch war gerade in seinem Urlaubshotel auf Kreta angekommen, schon musste er sich ärgern: Im Badezimmer gab es keine ordentlichen Mundspülbecher – und die Kinder hatten ihre Zahnbürsten schon auf dem Boden verteilt. Unpraktisch, unhygienisch, der Entspannung nicht zuträglich. Kaum war er aus dem Urlaub wieder zurück zu Hause im saarländischen Schmelz, machte er sich auf die Suche nach einem geeigneten Zahnbürstenbehälter und einem passenden Trinkgefäß – und stellte fest: Es gab nichts, dass seinen Ansprüchen genügte. „Meine Frau hat gesagt, dann musst halt selbst was erfinden.“
Das hat Christian Flasch getan: Im vergangenen Jahr erteilte das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) ihm ein Patent auf seine „Vorrichtung zum Aufbewahren von Zahnbürsten“. Sie ist Zahnbürstenhalter, Mundspülbecher und Reiseetui in einem. Zudem kann man sie als Desinfektionsbehälter nutzen und kleinere Utensilien wie Eheringe oder Milchzähnchen in einer kleinen Bodenkammer aufbewahren. Bürstenbehälter und Spülbecher sind ineinander verschraubt; durch einen breiten Spalt, der auch im geschlossenen Zustand besteht, wird die Bürste belüftet und kann trocknen. Die Box vermarktet Flasch unter der ebenfalls beim DPMA eingetragenen Marke „Capsello“. Derzeit noch vor allem online, am liebsten wäre ihm aber ein großer Einzelhändler als Partner. Deswegen präsentiert der Zahnarzt und Erfinder sein Produkt dieses Wochenende auf der Messe iENA in Nürnberg.
Die Zahnbürstenbox ist eine von mehr als 500 Erfindungen, die vom 26. bis zum 28. Oktober auf der iENA erstmals vorgestellt werden. Die Nürnberger Messe dient wieder Erfinderinnen und Erfindern als Plattform, um ihre Neuentwicklungen bekannt zu machen und Unternehmen als Partner, Lizenznehmer oder Käufer zu finden. Die Messe ist in Deutschland einer der wichtigsten Anlaufpunkte für sogenannte freie Erfinderinnen und Erfinder, also solchen, die außerhalb von Unternehmen entwickeln. Im vergangenen Jahr gingen beim DPMA mehr als 1.800 Erfindungen aus dieser Gruppe ein.
Von Käfern lernen
Auch Ingenieur Philipp Häfner sucht in Nürnberg nach Unternehmen als Partner. Häfner beschäftigt sich an der Hochschule Ansbach vor allem mit Oberflächentechnik. Aus purem Forschergeist nahm er vor einigen Jahren einen nur wenige Millimeter großen Kugelkäfer von zu Hause mit ins Labor, um zu ergründen, was das Tier in Sachen Oberfläche so zu bieten hat. Und siehe da: Er beobachtete etwas sehr Interessantes. Zwischen Kopf und Körper des Tieres befinde sich ein Spalt, in den wie in viele Spälte theoretisch Dreck eindringen könnte, berichtet der Ingenieur. Nach seiner Beobachtung stellt aber ein bürstenartiges Gewebe in Kombination mit einer speziellen Oberfläche sicher, dass Dreck zwar von innen nach außen, nicht aber von außen nach innen gelangen kann. Dass müsse sich doch auch auf andere Spalte im täglichen Leben übertragen lassen, dachte sich Häfner.
Nachdem er das Prinzip gemeinsam mit seinem Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Hans-Achim Reimann ausführlich untersucht und an Versuchskonstruktionen erprobt hatte, reichten die beiden unter dem Titel „Anordnung, Dichtung und Verfahren zur Beschränkung des Eindringens von Partikeln in einen Spalt“ über ihre Hochschule eine PCT-Anmeldung ein. „BioSpalt“ nennen sie das Prinzip, weil es sich der Bionik zuordnen lässt. Darunter versteht man technische Lösungen, die durch Beobachtung der Pflanzen und Tierwelt entstanden sind. Das Patent wollen die beiden gerne an Hersteller aus verschiedenen Bereichen lizenzieren. Erster Anwendungsfall: Rollläden, an deren oberem Ende eine Bürste installiert wird. Das unterste Glied weist eine bestimmte, dem Käfer entlehnte Oberfläche auf, die dafür sorgt, dass der Dreck abgestreift und nicht mit ins Innere des Rollladens genommen wird. Mit einem Rollladenhersteller zusammen arbeiten die beiden gerade daran, diese Lösung serientauglich zu machen. Auf der iENA suchen sie weitere Partner.
Gegen die Vermüllung der Meere
Auf der Messe stellen aber nicht nur Erfinder aus, die schon annähernd marktreife Produkte vorweisen können, sondern auch Nachwuchstüftlerinnen und -tüftler. Die 13 Jahre alte Schülerin Lina Seuferling hat sich Gedanken um ein globales Problem gemacht: die Vermüllung der Ozeane. Im Wahlfach „Jugend forscht“ am Christian-Ernst-Gymnasium in Erlangen hat sie ein Modell für ein Boot entwickelt, das mit einem trichterförmigen Bug und einem anschließenden Förderband beim Fahren Müll auf das Deck transportieren könnte. Dort könne es entweder gepresst und in Netzen hinterhergezogen oder aber gleich verbrannt und so als Treibstoff verwendet werden, erklärt Seuferling.
Die Grundideen des Boots seien nicht neu, sagt sie. Aber sie habe die besten Ansätze bestehender Bootskonzepte neu kombiniert. Auch so kann es gehen. Das Wahlfach „Jugend forscht“ finde an ihrer Schule zunehmendes Interesse bei den Schülerinnen und Schülern, berichtet Seuferling. Das macht Hoffnung für die Zukunft.
Bilder: iENA, Huber/DPMA
Stand: 16.12.2024
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